Für die Akteur*innen des Bereichs „Musikprojekte mit Flüchtlingen“ schafft der aktuelle Erlass des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW vom 23.03.2020 zeitnah Klarheit über die finanziellen Rahmenbedingungen der Förderperiode 2020. Diese Sicherheit ist zwingend erforderlich, um Projektabbrüche aufgrund finanzieller Unwägbarkeiten zu verhindern und eine Perspektive für die Fortführung der Projekte zu einem späteren Zeitpunkt oder aber auch in digitaler Form zu ermöglichen.
Die zwischenzeitlich eingegangenen Rückmeldungen aus den Projekten sind ermutigend. Es zeigt sich, dass eine große Zahl der Musikprojekte trotz massiver Corana-bedingter Einschränkung als digitale Projekte fortgesetzt werden können. Der kreative Umgang mit den Herausforderungen, welche die Einschränkungen der persönlichen Kontakte mit sich bringen, hat innerhalb weniger Tage neue Formate zu Tage gebracht.
Viele Musikprojekte und Workshops können per Videocall, Messengerdiensten, Videokonferenzen usw. in teilweise modifizierter Form weitergeführt werden. Statt mit der versammelten Gruppe zu arbeiten, werden nun die Teilnehmer*innen beispielsweise in Einzelbetreuung unterrichtet. So kann ein von den Dozent*innen ausgewählter Song im Fokus stehen. Per Messengerdienst wird ein Song an die Teilnehmer*innen zur Vorbereitung weitergeleitet und im darauf folgenden Einzelunterricht per Videochat gemeinsam erarbeitet und vertieft Mit der Zusammenführung der per Handy aufgenommenen Tonspuren der einzelnen Teilnehmer*innen wird bereits in einigen Projekten experimentiert. Vor allem für die Bandarbeit ist dieses Vorgehen relevant.
Auch bei Kinderprojekten gibt es bereits gute Erfahrung mit dem Videounterricht, sofern die Eltern auch bei der Betreuung der Kinder (vor allem bei jüngeren Kindern)und der Bereitstellung der technischen Infrastruktur eingebunden werden können. Schwieriger gestaltet sich die Umsetzung bei Schulprojekten, da aufgrund des Datenschutzes in der Regel keine Kontaktdaten an die Dozent*innen übermittelt werden können. Aktuell wird jedoch ein Projekt für Grundschulkinder im Bereich Gitarre, Trommel und Gesang erprobt. Dort waren die Eltern bereits im Vorfeld in die Projektarbeit eingebunden, was sich in der aktuellen Situation als Glücksfall erweist.
Deutlich herausfordernder ist die Realisierung von Sessions und Bandproben. Bedingt durch Übertragungsverzögerungen, schwache Netze und der eingeschränkten klanglichen Qualität der Konferenzsysteme, sind die Hürden für ein gemeinsames Musizieren hierbei sehr hoch. Als pragmatische Lösung wird die Bandarbeit nun vor allem auf die Text- und Songarbeit ausgerichtet und / oder die einzelnen Instrumentalisten werden per Videocall gecoacht. Im Rahmen der Sessionprojekte wird temporär auf Einzelunterricht bzw. auf eine rotierende exklusive Dozent*in / Teilnehmer*in-Session umgeschwenkt.
Musikprojekte in Unterkünften und Schulen finden im Moment nicht statt. In diesem Fall haben die Dozent*innen die Möglichkeit die ausgefallenen Stunden zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen oder Ausfallhonorare für die Schließungszeiten gelten zu machen.
Auf dem YouTube-Kanal des Landesmusikrats NRW können Dozent*innen und Projektteilnehmer*innen ab sofort gelungene Lösungen und Arbeitsmethoden, die die Einschränkungen des persönlichen Kontakts pragmatisch, kreativ und durchaus mit Spaß umschiffen, beispielhaft darstellen und verfügbar machen. Auch sind Videos von Mini- oder Solokonzerten, Unterrichtsmitschnitte, Dokumentationen von Arbeitsphasen, Songs sowie jegliche Art von Tipps und Erfahrungen aus den Projekten willkommen.
Übereinstimmend wird von Antragsteller*innen und Dozent*innen berichtet, dass die Weiterführung der Projekte oberstes Ziel sei - auch wenn es allen Beteiligten vor allem in der Anfangszeit ein deutlich verstärktes Engagement, Mehrarbeit und viel Gleichmut und Geduld im Umgang mit dem Datennetz abverlangt.
(Sandra Hoch)