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Aufruf an die Parteien zur vorgezogenen Bundestagswahl: Interessen der freien Musikszene in die Wahlprogramme!

Die freie Musikszene, mit ihren selbstständigen Musiker*innen, freien Ensembles und Orchestern, leistet mit ihrer Arbeit einen wichtigen zivilgesellschaftlichen Beitrag. Ihre Akteure suchen die Nähe zum Publikum, zu dem Ort, an dem sie wirken und setzen sich mit aktuellen Themen auseinander. Gerade jetzt, in einer Zeit, die von multiplen Krisen und dem Erstarken antidemokratischer Kräfte geprägt ist, braucht die freie Musikszene eine verantwortungsvolle Kulturpolitik, die ihre gesellschaftliche Relevanz und ihr Potenzial im Blick hat und ihre Bedarfe erkennt. Auch im Bund.

Wir fordern die Parteien im Zuge der vorgezogenen Bundestagswahlen dazu auf, die freie Musikszene in den Vorbereitungen der Wahl mitzudenken und ihre Anliegen aufzugreifen – sei es in Wahlprogrammen, im Wahlkampf oder in Koalitionsverhandlungen.

Sicherung der Bundeskulturfonds & Entwicklung neuer Fördermodelle
Musikfonds und die Initiative Musik spielen als Förderprogramme des Bundes eine zentrale Rolle in der Ermöglichung von künstlerischer Arbeit und in der Entwicklung resilienter Strukturen der freien Musikszene. Wir fordern daher eine bessere finanzielle Ausstattung der Förderinstitutionen auf Bundesebene, die in besonderem Maße die freie Szene unterstützen. Gleichzeitig braucht es einen breit angelegten Dialog über die Stärkung der Strukturen der freien Musikszene und dafür notwendige neue Fördermodelle.

Verbesserung der sozialen Lage von (solo)selbstständigen Musiker*innen
Zahlreiche selbstständige und hybrid erwerbstätige Musiker*innen befinden sich in einer prekären sozialen Lage. Um Musik als Beruf auch in Zukunft zu erhalten, braucht es nachhaltige Sicherungsmodelle für Musikschaffende. Der Erhalt und Ausbau der Künstlersozialkasse sowie ein erleichterter Zugang zur Arbeitslosenversicherung und zu Kurzarbeiter*innengeld für freischaffende Musiker*innen sollten daher als Ziel von den Parteien formuliert werden.

Verbesserung der Einkommenssituation von selbstständigen Musiker*innen
Das Modell der Honoraruntergrenzen bei öffentlicher Förderung von Bund, Ländern und Kommunen kann und sollte ein wirksamer Hebel sein, um die Einkommenssituation selbstständiger Musiker*innen zu verbessern. Dafür fordern wir eine entsprechende Aufstockung der Kulturhaushalte, da sonst der Wegbruch von Strukturen droht, die nur schwer wieder aufzubauen sind. Gleichzeitig gilt es, die Einführung, Umsetzung und Wirkung von Honoraruntergrenzen durch begleitende Evaluationen und laufendes Monitoring auf ihre Wirksamkeit und Praktikabilität zu prüfen.

Entbürokratisierung & Weiterentwicklung von Regelungen im Zuwendungsrecht
Die immer größer werdenden bürokratischen Hürden machen sich auch in den Förderprogrammen für die freie Musikszene bemerkbar. Es ist dringend notwendig, die Förderverfahren zu vereinfachen, um breitere Zugänge zu ermöglichen. Wir fordern ein besseres Zusammenspiel der verschiedenen Förderprogramme und -verfahren von Kommunen, Ländern, Bund und der europäischen Ebene. Rücklagenbildung im Sinne einer vorausschauenden Unternehmensführung und zur Vorsorge für Krisen wird privatwirtschaftlich getragenen Organisationen wie den freien Klangkörpern durch Regelungen im Zuwendungsrecht erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht. Wir fordern daher die Streichung des Verbots der Rücklagenbildung in den Allgemeinen Nebenbestimmungen zu Förderungen.

Reform der Doppelbesteuerungsabkommen
Grenzüberschreitendes Arbeiten spielt aus künstlerischer und ökonomischer Sicht und im Hinblick auf einen kulturellen Austausch eine zentrale Rolle für das Musikleben Europas. Selbstständige Künstler*innen sind dabei über alle Sparten hinweg mit besonderen steuerlichen Herausforderungen konfrontiert: Ihre Einkünfte werden grundsätzlich im Auftrittsland, also an der Quelle, besteuert. Während andere Selbstständige ihre weltweiten Einkünfte einfach dem Wohnsitzfinanzamt melden können. Eine Doppelbesteuerung kann trotz internationaler Abkommen in vielen Fällen nicht vermieden werden; der bürokratische Aufwand ist enorm.
Grenzüberschreitender kultureller Austausch braucht unbürokratische und faire Regelungen bei der Besteuerung von Einkommen aus künstlerischer Tätigkeit. Wir fordern die Überprüfung und Weiterentwicklung der spezifischen Regelungen für Künstler*innen im OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen und den Abbau von Benachteiligungen in diesem Bereich.

BERLIN, den 28.11.2024

Die Deutsche Jazzunion
FREO – Freie Ensembles und Orchester in Deutschland e.V.
PRO MUSIK – Verband freier Musikschaffender e.V.
unisono – Deutsche Musik- und Orchestervereinigung e.V.

(Aufruf aus der Pressemitteilung der Deutschen Jazz Union vom 28.11.2024 )

Weitere Informationen: www.deutsche-jazzunion.de