Am 11. Deutschen Diversity-Tag stellte das Netzwerk Kitamusik NRW das Thema „Diversität und Musik“ in den Mittelpunkt seiner Jahrestagung. Rund 50 Fachkräfte aus Kindertagesstätten, Musikschulen, Berufskollegs, von Trägern und Kommunen trafen sich im RomaNEum in Neuss zum Austausch und um musikalische Anregungen für ihre tägliche Arbeit zu bekommen. Es sind aber insbesondere die frühpädagogischen Erkenntnisse, die noch lange nachwirken und in den Prozess der Selbstreflexion einfließen werden.
Caroline Ali-Tani, Erziehungswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Diversität in der frühen Kindheit an der Universität Paderborn, hat in unterschiedlichen Projekten den Umgang mit Vielfalt in der Kita erforscht und bildet Kita-Teams und pädagogische Fachkräfte fort. Sie verwies in ihrem Impulsreferat auf die Diskrepanz zwischen hohem Anspruch und der Realität in der Kita. Alle seien von Vorurteilen geprägt, daher müsse der diversitätssensible Umgang mit Vielfalt in der Kita als Prozess begriffen werden, eine Tagung oder eine Fortbildung reiche nicht. Es sei erstaunlich, was Musik mit Menschen mache; Musik werde nicht in erster Linie mental wahrgenommen, sondern berühre. Es gebe keinen Teil der Welt, wo kleine Kinder nicht mit Musik beruhigt würden, Musik gebe es von Anfang an als Bestandteil des Lebens. Musik spiele in der Kita und in der Grundschule zwar eine Rolle, eine Anpassung an die Realität habe aber nicht stattgefunden. Es würden immer noch die alten Lieder von früher gesungen.
Mit den „alten Liedern“ befassten sich dann Prof. Dr. Marion Gerards in einem zweiten Impulsvortrag und zusammen mit Guiomar Marques-Ranke in einem Workshop. Manche Lieder sollten zumindest umgetextet werden („Drei Chinesen mit dem Kontrabass“). Das Repertoire könnte angesichts der kulturellen Vielfalt der Kinder reicher sein und auf diese Weise Kindern und ihre Familien eine größere Wertschätzung entgegenbringen.
Das mixed-abled Tandem Anastasia Olfert und Danijel Sesar führten einen Ansatz von Vielfalt in Tanz und Bewegung vor, der auch in der Kita umgesetzt werden kann. Um das Bilderbuch als Medium diversitätssensiblen musikalischen Ausdrucks ging es im interaktiven Workshop von Sabine Anni Schmid und Dorothea Streich. Und Njamy Sitson führte die Gruppe der Teilnehmenden trommelnd und singend in einen gemeinsamen musikalischen Flow.
In ihrem Workshop „Rosa oder blau?“ forderte Caroline Ali-Tani dazu auf, Kinder zu stärken, deren Wahl aus der Vielfalt der Möglichkeiten nicht der Wahl der Mehrheit entspricht. Es gehe darum, in der Kita Diskriminierungen wahrzunehmen und aktiv zu werden. Kinder müssten die Möglichkeit erhalten, sich in ihrer Persönlichkeit zu entfalten und ein positives Selbstbild aufzubauen.
Moderatorin Prasanna Oomen stellte in der Eingangsrunde die Veranstalter vor (Heike Werner, die neue Vorstandsvorsitzende des Trägervereins der im Netzwerk federführenden Landesmusikakademie, Akademiedirektorin Antje Valentin, die Referentin für Elementare Musikpädagogik des Landesverbands der Musikschulen Lotta Donner, die Projektmanagerin des Netzwerks Kitamusik NRW Eva Biallas und den Neusser Musikschulleiter und LVdM-Vorsitzenden Holger Müller), in einem zweiten Podium befragte sie Anastasia Olfert (Sozialarbeiterin/Sozialpädagogik und Bühnendarstellerin mit dem Schwerpunkt Tanz) und Iman Reimann (Pädagogische Leitung und Vorstand des muslimischen Kindergartens „Regenbogen-Kidz“ in Berlin-Charlottenburg) zu ihrer Arbeit. Reimann gab den Tipp, sich an den Kita-Träger zu wenden, wenn man Neues ausprobieren wolle. Sie sprach sich für mehr Experimentierfreude und Fehlertoleranz aus. Man solle sich daran gewöhnen, auch mal ins Fettnäpfchen zu treten.
(Heike Stumpf)
Der ausführliche Bericht steht zum Download bereit.
Fotos: Abschlusspodium der Jahrestagung des Netzwerks Kitamusik NRW am 23.5.2023 im RomaNEum in Neuss mit (v.l.n.r.) Iman Reimann, Prasanna Ommen, Anastasia Olfert; Workshop "Vielfalt und Bewegung" ; Workshop "Pictures sound like reality - Das Bilderbuch als Medium diversitätssensiblen musikalischen Ausdrucks. Fotos: Landesmusikakademie NRW