Am 19. Februar verstarb der Schlagzeuger und Hochschullehrer Christoph Caskel (geb. 12. Januar 1932 in Greifswald). Damit verliert NRW einen Impulssetzer, der seit den 1950er Jahren Neue Musik und Alte Musik in NRW vorantrieb. Er näherte sich experimentell den Klangmöglichkeiten von Schlagzeug und wurde dabei zum Partner der jungen Avantgarde. Vor allem Karlheinz Stockhausen, den Caskel bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik kennengelernt hatte, lieferte Caskel eine Herausforderung nach der anderen, angefangen mit den Gruppen für drei Orchester mit zwölf Schlagzeugern (1955-57). Viele Uraufführungen von Werken Stockhausens folgten, unter anderem „Kontakte“ und „Zyklus für einen Schlagzeuger“.
Caskel interessierte sich auch für die Perkussion anderer Kulturen in der Welt und beeinflusste damit Kompositionen, die vor allem im Umfeld des WDR entstanden. Seit den späten 1950er Jahren recherchierte er mit Eduard Gröninger im WDR bezüglich authentischer Spielweisen des Schlagzeugs Alter Musik. Für die Cappella Coloniensis rekonstruierte er Pauken für barocke Orchester. Antiquarisch erworbene Barockpauken wurden neu bespannt, die Felle in Versuchsreihen in Caskels heimischer Badewanne geweicht, Holzschlegel mit Scheibenkopf nach Museumsvorbildern gedrechselt. Die Suche nach authentischen Spielpraktiken alter Perkussion führte teils zu abenteuerlichen Klangergebnissen, doch Caskel und der WDR hielten durch, bis ein befriedigendes und möglichst authentisches Hörerlebnis erreicht war.
Dass die Hochschule für Musik Köln Caskel 1957 in eine Professur berief, wurden zum Glücksfall für mehrere Generationen von Schlagzeugstudierenden und für die Hochschule. Mit dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln engagierte er sich seit 1955 für Neue Musik, beginnend mit einem Konzert vom Januar 1955 mit der Pianistin Grete Wehmeyer, das Eugène Bigot, Alexander Tscherepnin, Daniel Jones und Darius Milhaud auf die Bühne brachte.
Auch mit der Rheinischen Musikschule Köln arbeitete Caskel eng zusammen und prägte hier die Innovationsfreude junger Musikerinnen und Musiker. Nach seinem Ruhestand an der Hochschule arbeitete Caskel weiterhin als Dozent an der Rheinischen Musikschule und schrieb seine Lehrerfahrungen in der Veröffentlichung „Snare Drum … step by step … Eine Trommelschule für Einsteiger von 8 bis 80 Jahren“ nieder.
Noch im Januar 2022 würdigten Schülerinnen und Schüler Caskels sein jahrzehntelanges Wirken mit einem Konzert im Kölner Loft. Dessen Betreiber Hans-Martin Müller hat mit Caskel über Jahre im Cimarron-Quartett als Flötist zusammengearbeitet. Es waren keineswegs nur Schlagzeuger, die ihm huldigten und im Konzert auftraten, sondern Instrumentalistinnen und Instrumentalisten jeglichen Genres und jeglichen Instruments. Christoph Caskel hat das Musikleben der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in NRW weit über das Schlagzeug hinaus beeinflusst.
Robert von Zahn
Foto: Christoph Caskel als Schlagzeuger der Cappella Coloniensis, Ensemble des Westdeutschen Rundfunks. Fotograf unbekannt.