Avi Avital entlockt einer Mandoline Klangfarben, die man diesem filigranen Instrument nicht zutrauen würde. Und er entwickelt einen Drive, der ein ganzes Zupforchester mitreißen kann. So das Jugendzupforchester NRW, das unter Leitung von Eva Caspari am 7. Oktober 2023 in der Philharmonie Essen ein episches neues Werk von Koray Berat Sari mit Avital als Solisten uraufführte und das Publikum begeisterte.
Die Philharmonie Essen und ihre Partner, der Landesmusikrat NRW und der Bund Deutscher Zupfmusiker NRW, hatten zu zwei Tagen Mandolinenmusik in das große Haus eingeladen. Intendantin Marie Babette Nierenz versteht dieses Engagement nicht nur als Beitrag der Philharmonie zur Aktion der Landesmusikräte „Instrument des Jahres“, sondern auch als Teil ihrer Strategie zur Öffnung des großen Hauses gegenüber der Stadtgesellschaft. Und diese nahm die Einladung zu vier Konzerten und einem Vortrag gerne an:
Am 6. und 7. Oktober flanierten die Interessenten an Zupferklängen von Saal zu Saal und hörten Konzerte und Proben von Avi Avital und seinem atemberaubenden „Between The Worlds Ensemble“, des Mandolinenorchesters „Harmonie“ aus Dinslaken, geleitet von Michael Jakob, des Grenzland-Zupforchesters, geleitet von Josef Wieland, des Mülheimer Zupforchesters, geleitet von Dominik Hackner, von Ensembles der Wuppertaler Hochschulklassen von Caterina Lichtenberg und Annika Hinsche, des Duos Marijke und Michel Alexander Wiesenekker, des Ensembles „Alla Turca“ aus Bochum und des Jugendzupforchesters NRW, geleitet von Eva Caspari, mit Avi Avital als Solisten.
Avi Avital gewann die Herzen aller Musikerinnen und Musiker. Kaum in Essen angekommen stürzte er sich in eine dreistündige Probe mit dem Jugendzupforchester NRW. Unter anderem galt es die Bearbeitung eines Solokonzerts von Vivaldi durch Detlef Tewes für Zupforchester und Mandoline einzustudieren und vor allem das neue Werk von Koray Berat Sari vorzubereiten. „The Fig And Its Wasp“ für Mandoline und Zupforchester mit seinen komplexen rhythmischen Verschränkungen fordert den Musikerinnen und Musiker einiges ab und man sah hochkonzentrierte Gesichter hinter den Notenpulten. Unprätentiös und stringent erarbeiten Avital und Caspari mit dem jungen Ensemble die Partitur. Und kaum war die Probe vorüber, wechselt Avital zur Probe mit seinem Ensemble „Between The Worlds“, um wiederum eine halbe Stunde später das Eröffnungskonzert im Alfried-Krupp-Saal zu beginnen.
Am Ende des Mandolinenmarathons, zu dem auch ein Vortrag zählte, bei dem Marga Wilden-Hüsgen und Marlo Strauss in die Geschichte der Mandoline einführten, kam dann das große Finale im Alfried-Krupp-Saal. Prof. Caterina Lichtenberg, Schirmherrin des Jahrs der Mandoline in NRW, begrüßte das Publikum. Sie zeigte sich sicher, dass die Strahlkraft der vielen Veranstaltungen rund um die Mandoline weit über NRW und sogar Deutschland hinausgeht, und hoffte, dass auch viele Kinder sich nun begeistern werden, dieses Instrument zu erlernen.
Im Anschluss begrüßte die neu gewählte Präsidentin des Landesmusikrats NRW, Prof. Dr. Christine Siegert, das Publikum und berichtete über die Initiative „Instrument des Jahres“ der 16 Landesmusikräte. Sie blickte zurück auf die in diesem Jahr vom Landesmusikrat NRW veranstalteten Konzerte in Wuppertal, Solingen, Aachen und Düsseldorf und bedankte sich bei der Philharmonie Essen dafür, dass sie es möglich gemacht hat, diese beiden Tage als Höhepunkt des Jahrs der Mandoline unter dem Motto „Meeting the Mandolin“ stattfinden zu lassen. Mit einem weiteren Dank an Avi Avital und an den Bund der Zupfmusiker, mit dem der Landesmusikrat NRW harmonisch zusammengearbeitet hat, leitete sie über zum musikalischen Teil dieser Veranstaltung.
Unter Leitung von Eva Caspari ging es los mit dem passenden Titel „Auf geht’s“ von Christopher Grafschmidt. Dann der erste Auftritt von Avi Avital mit dem Jugendzupforchester, dem Arrangement eines C-Dur-Konzerts von Vivaldi. Es folgten das eher unbekannte Stück „Adagio ma non troppo“ von Ludwig van Beethoven, einer Originalkomposition für Mandoline, und im Anschluss Yasuo Kuwaharas „Dance of the fire celebration“ für Zupforchester. Den Höhepunkt des Konzertes bildete die Uraufführung „The fig and its wasp“. Komponist Koray Berat war früher selbst Mitglied des Jugendzupforchesters NRW und erinnerte sich in einer kurzen Ansprache an diese Zeiten. Der Schlusssatz löste solche Begeisterung aus, dass das Ensemble und Avital ihn nach dem „Divertimento“ von Eduardo Angelo erneut als Zugabe spielten.
Organisiert hat das Festival Judith Müller-Willems, gefördert das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW.
Annette Jakubowicz und Robert v. Zahn
Fotos: Eva Caspari, Avi Avital und das Jugendzupforchester NRW am 7. Oktober 2023 in der Philharmonie Essen; Caterina Lichtenberg mit Studierenden der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Standort Wuppertal, im RWE-Pavillon der Philharmonie Essen; Dominik Hackner mit dem Mülheimer Zupforchester am 7. Oktober 2023 in der Philharmonie Essen; im Publikum Dieter Kreidler, Caterina Lichtenberg, Marianne Paulus-Kreidler und Rüdiger Grambow, Ehrenpräsident des Bundes Deutscher Zupfmusiker; Fotos: LMR NRW.