Die aus Kalifornien stammende Rose Campion arbeitet seit Oktober 2020 beim Landesmusikrat NRW und begleitet dort musikalische Projekte mit geflüchteten Menschen aus dem Förderbereich „Kulturelle und inklusive Vielfalt in der Musik“. Die Posaunistin studierte Musikgeschichte und Musikethnologie an der University of Southern California in Los Angeles (USA) und der University of Oxford (England).
Nach dem Abschluss des Masterstudiums in Oxford erforscht sie im Rahmen eines Bundeskanzler-Stipendiums der Alexander-von-Humboldt-Stiftung für die Dauer eines Jahres die Wirkungen von inklusiven Musikprogrammen mit geflüchteten Menschen. Da der Landesmusikrat bereits seit 2015 kontinuierlich Projekte mit Musiker*innen mit rezenten Fluchterfahrungen fördert, können die Wirkmechanismen über längere Zeiträume analysiert werden. Im Laufe der letzten Jahre haben sich die Zielsetzungen der Projekte allerdings verändert und weiterentwickelt, was die Vergleichbarkeit und Bewertung der Ergebnisse herausfordernder macht.
In der Anfangszeit des Förderprogramms lag der Fokus vor allem auf Integrationsprojekten, die die Neubürger*innen in Nordrhein-Westfalen willkommen hießen und mit der Musikszene vor Ort in Berührung bringen sollten. Seit 2018 zeigen Maßnahmen zum Empowerment Wirkung. Geflüchtete Musiker*innen entwickeln selbstbestimmt und in Eigenregie Musikprojekte, gründen Bands und Ensembles und gestalten das nordrhein-westfälische Musikleben aktiv mit.
Rose Campion wird ihre wissenschaftliche Analyse mit Hilfe der sogenannten „Theoriegeleiteten Evaluation“ durchführen. Ihre Betrachtung der Projekte liegt nicht allein auf der methodisch-systematische Sammlung von Daten, sondern nimmt immer die gesamte Maßnahme in den Blick, einschließlich der begleitenden Umstände und der persönlichen Situation aller Mitwirkenden. Aus diesen Informationen formuliert sie Indikatoren und Ziele, die eine Vergleichbarkeit ermöglichen. Durch qualitative und quantitative Interviews über einen längeren Zeitraum kommt sie zu einem intensiven Erfahrungsaustausch mit der Gruppe der Befragten.
Ziel der einjährigen Forschungsarbeit ist es, Herangehensweisen zu ermitteln, die sich für die musikalische Arbeit mit geflüchteten Menschen besonders gut eignen. Die Ergebnisse sollen als Handreichung für die Praxis dienen und zudem notwendige politische Debatten anstoßen. Rose Campion wird auch die Bedeutung der politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen betrachten und Faktoren, die negativen Einfluss auf die Kulturarbeit mit geflüchteten Menschen nehmen, wie beispielsweise unsicherer Aufenthaltsstatus, Abschiebung und prekäre Arbeitsverhältnisse bzw. Erwerbslosigkeit erörtern. Dabei wird sie sich auch kritisch mit der Tatsache auseinandersetzen, dass sich Projekteziele und politischen Realitäten diametral zueinander verhalten können. Die Präsentation der Ergebnisse der Arbeit ist für den Herbst 2021 geplant.
(Sandra Hoch)
Foto: Rose Campion, privat