Rege nachgefragt war der Infotag Musikstudium der Landesmusikakademie NRW. Erstmals fand er nicht in Heek, sondern in der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf statt. Alle NRW-Ausbildungsinstitute waren vertreten und informierten an Ständen und in Vorträgen über ihre Musikstudiengänge. Immerhin kann man dort auch Tonmeisterin werden (Detmold) oder Musikerin der Bundeswehr (Düsseldorf). Groß ist das Feld der Berufe im Bereich der Laienmusik, weshalb auch deren Verbände sich präsentierten.
Neben den Musikhochschulen aus Detmold, Essen, Düsseldorf, Köln und Münster sowie den Musikstudiengängen der Universitäten aus Dortmund, Siegen, Paderborn, Bielefeld, Wuppertal und der Kirchenmusikhochschule Herford begegnete man an Verbänden auch der Deutschen Orchestervereinigung, dem Landesverband der Musikschulen in NRW und dem Bundesverband Musikunterricht.
Im Partika-Saal informierten Vorträge über Berufsfelder und es stritt ein „Kulturpolitisches Forum WDR3“ über die Frage, ob die Hochschulen zu viele Musiker ausbilden: Lorenz Deutsch, MdL aus der FDP-Landtagsfraktion, Louwrenz Langevoort, Intendant der Philharmonie Köln, Ortwin Nimczik, Vorsitzender des Bundesverbands Musikunterricht, Raimund Wippermann, Rektor der Robert-Schumann-Hochschule, und Antje Valentin, Direktorin Landesmusikakademie NRW, beantworteten die Frage facettenreich ohne ein klares Ja oder Nein. Es moderierte Michael Köhler.
"Musikalische Ausbildung beginnt schon in der Musikschule und in der Landesmusikakademie, nicht erst im Studium," so brach Antje Valentin eine Lanze für die Laienmusikszenen als Berufsfeld und auch für das Lehrgangswesen der Landesmusikakademie. Die 1,5 Millionen Laienmusiker in NRW brauchen professionelle Dozenten, Künstlerische Leiter und zuweilen auch Stimmführer. Oft unterhalten sie eigene Programme der Nachwuchsförderung, die auf Berufspädagogen angewiesen sind. Gleichwohl stellt sich die Frage, so Moderator Köhler, ob die Musikhochschulen nicht zu viele Musiker ausbilden.
Raimund Wippermann entgegnete kühn, dass eine Gesellschaft gar nicht genug Musiker haben könne. Wohl könne ein Arbeitsmarkt kleiner werden, auch der des Kulturlands Bundesrepublik, doch sei es Sache der Politik dieser Tendenz gegenzusteuern.
Der Intendant der Kölner Philharmonie sieht die Zahlen der Hochschulabsolventen schon kritischer, zumal die der Sängerinnen und Sänger. Wenn die Zahlen nicht zurückgehen sollten, dann wäre es doch sinnvoll, die Vokalausbildung mehr auf Berufschöre zu fokussieren, so Langevoort. Ortwin Nimczik konzentriert sich seitens des Verbands Musik im Unterricht mehr auf die Berufspädagogen. An Schulmusikern herrscht Bedarf und die Hochschulen könnten getrost mehr ausbilden. Der Musikunterricht in der Schule müsste als Flaggschiff der musikalischen Bildung gelten, tatsächlich aber haben die Schulmusiker ein Image-Problem, an dem gearbeitet werden muss.
Da ist auch die Politik gefordert, und Michael Köhler wandte sich an den einzigen Politiker in der Runde, den Kulturpolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Lorenz Deutsch. Was kann er als Landespolitiker ausrichten? Die Landespolitik könnte einen Prozess unterstützen, der an den Universitäten und Hochschulen schon eingesetzt habe. Das Bewusstsein wachse, dass der Bologna Prozess zwar viel Positives bewirkte, aber auch Verluste brachte. Die Modularsierung auf bestimmte Einzelqualifikationen hin schuf Trennwände. Creditpoints definieren heute die zentralen Fragestellungen, nicht das fachübergreifende Interesse. Auch hier müsse gegengesteuert werden.
Reicht es, nur gute Musiker auszubilden, setzte Köhler provokant nach? Louwrens Langevoort bekannte trocken, dass es für Veranstalter und Konzerthäuser schon praktisch sei, wenn Musiker einfach gut seien. Das müsse im Mittelpunkt stehen. Allerdings gebe es auch sinnvolle zusätzliche Kompetenzen. Derzeit würde man in der kulturellen Integrationsarbeit merken, dass nicht alle Musiker diese wirklich beherrschen.
Raimund Wippermann möchte solches Können in die Definition eines guten Musikers einbezogen wissen. Die Bologna-Reformen haben da durchaus geholfen: "Mit der Studienreform zogen wir den Vorhang vor dem kontextualen Wissen auf." Das würde sich nun angesichts der aktuellen Herausforderungen in der Gesellschaft bewähren. Auch Ortwin Nimczik sieht Werte wie Authentizität und sichere Kommunikation als Schlüsselkompetenzen eines guten Musikers. Die Ausbildung an den Hochschulen muss dies berücksichtigen.
Dass es an der reinen musikalischen Qualität an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf nicht mangelt, demonstrierte ein Saxofonquartett: Andreas Thoma (ss), Olivia Nossek (as), Fabio Siegemund (ts) und Kristian Palauneck (bs) spielten Pierre Max Dubois’ Ouverture aus seinem Saxofonquartett. Ein hörenswertes Ergebnis eines Musikstudiums.
rvz
Fotos: Infostände im Foyer des Partikasaals Düsseldorf; Forum WDR3: Louwrens Langevoort, Intendant der Philharmonie Köln, Lorenz Deutsch, MdL aus der FDP-Landtagsfraktion, Moderator Michael Köhler, Antje Valentin, Direktorin Landesmusikakademie NRW, Ortwin Nimczik, Vorsitzender des Bundesverbands Musikunterricht, und Raimund Wippermann, Rektor der Robert-Schumann-Hochschule; Olivia Nossek (as), Kristian Palauneck (bs), Fabio Siegemund (ts) und Andreas Thoma (ss) am 3. November 2017 im Partikasaal; Fotos: LMR NRW.