Navigation für Screenreader Zur Hauptnavigation springen | Zum Seiteninhalt springen | Zur Meta-Navigation springen | Zur Suche springen | Zur Fuß-Navigation springen

Jagd in der Tiefsee: Jugend komponiert NRW 2024

Die Unbefangenheit, mit der Kinder und Jugendliche an das Komponieren herangehen, ist immer wieder bemerkenswert. Die Skalen von Dur und Moll liegen näher als das Atonale. Vorbilder erscheinen wenig verschleiert und sind oft mehr in der Filmmusik als bei Mozart oder gar bei Stockhausen verortet. Einen stilistisch weiten Querschnitt durch die Dutzenden von Einsendungen des diesjährigen Wettbewerbs Jugend komponiert NRW bot am 6. September 2024 das Preisträgerkonzert im Studio des Ensembles Musikfabrik in Köln.

Viele der jungen Komponistinnen und Komponisten verstehen es, in ihrer Musik zu erzählen, mal in kurzen, mal in weiten Bögen, immer aber mit interessanten Spannungskurven und Höhepunkten. Schon die Titel sind oft kleine Erzählungen. Sprechend ist schon der Titel „A snorkeling Clown“ für Violine und Klavier von Lara-Maria Adler, die ihr Werk selbst an der Violine vortrug und von Jakob Müller am Klavier begleitet wurde. Ungemein plastisch entstand dieser Clown im gut besetzten Konzertsaal.

Aleksei Kushnerev stellte am Steinway seine instrumentenauslotende Komposition „Ein nervöses Klavier“ vor. Sein Bruder Aleksei hingegen komponierte „Rapido“ für Klavier, eine rasante Dichtung, die Dajana Qevani virtuos präsentierte. „Rapido“ setzt über lang gezogene Triller effektvoll rhythmische Akkordreihen, um zwischendurch in kurze lyrische Phasen überzugehen.

Wahre Kammermusik schuf Marino Paho mit „7 Studien für Flöte, Viola und Harfe“, von denen Merle Steinberg (Flöte), Birthe Metzler (Viola) und Sarah Pilgram (Harfe) Auszüge aufführten, subtile und sorgfältig artikulierte Kleinode, die begeisterten. Robin Pannen vertonte den selbst erdachten Actioner, „Jagd in der Tiefsee“, für Cello und Klavier, gespielt von Izabela Qevani und Dajani Qevani. Das Duo zelebrierte das Stück mit sicht- und hörbarer Freude an der Jagd.

„Heimweh“ drückt Danylo Semenyuk am Violoncello aus. Der Ukrainer ist seit zwei Jahren in Deutschland und hat nun mit „Heimweh“ seine erste Komposition vorgelegt. Er kombiniert sie mit Bachs Prelude aus der d-Moll-Suite, das effektvoll in das lyrische Gedicht überleitet. Auch Anton Groninger erforscht die Klänge eines Violoncellos. Er kommt eigentlich vom Klavier her und spielt erst seit drei Jahren Cello. Im Zuge des intensiven Ausprobierens des Instruments entstand die klangforschende Komposition „Akkumulation“.

Jaspar Labonte präsentierte „Coastline“, eine am PC entstandene Dichtung, die zunächst Improvisation war, um dann im Detail ausgearbeitet zu werden, bis er sie als Komposition einreichte. Labonte kam – wie andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Wettbewerbs auch – in der Pandemie zum Komponieren. Das Publikum erlebte hier ein Meerufer mit lautem Wellengang, der sich in einzelne Brecher auflöst. Eine andere und nicht minder belebende Einspielung kam von Anton Stärk: „OOOOOOOOO“ wartet mit einem rätselhaften Titel auf, bei dem man vielleicht eine Meditation erwarten würde, tatsächlich aber ein grooviges Pop-Instrumental hört. Der Elan, der von den Stücken ausging, übertrug sich schnell auf das Publikum.

Von der sechsköpfigen Jury kamen Wilfried Maria Danner, Karin Hausmann, Walter Lindenbaum, David Graham zum Preisträgerkonzert, übergaben Urkunden und standen Moderator Nikolas Tribes Rede und Antwort. David Graham nutzte dies, um vor den Fortschritten der Künstlichen Intelligenz zu warnen. Es sei von großer Bedeutung, dass der Mensch besser bleibe, auch in der Komposition.

Am Wettbewerb konnten alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen, die im Jahr 2023 eine allgemein bildende Schule in Nordrhein-Westfalen besuchten, und sie konnten bis zu drei Arbeiten pro Person einreichen. Viele machten von Mehrfacheinreichungen Gebrauch und manche erhielten im Preisträgerkonzert einen kleinen Fächer von Urkunden. Ziel des Wettbewerbs ist es, Kinder und Jugendliche zum Komponieren anzuregen, eine Auswahl von Preisträgerwerken öffentlich zur Aufführung zu bringen und mit Anschlussmaßnahmen und Preisen zum weiteren Komponieren zu motivieren. Jugend komponiert NRW ist eine Veranstaltung des Landesmusikrats NRW, auch die Auflage 2024 wurde von Michael Bender organisiert. Förderer ist das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW über die Bezirksregierung Düsseldorf.

rvz

Fotos: Robin Pannens „Jagd in der Tiefsee“, für Cello und Klavier, gespielt von Izabela Qevani und Dajani Qevani; Preisträgerkonzert des Wettbewerbs Jugend komponiert NRW im Konzertsaal der Musikfabrik Köln: Josefine Wilk, Sina Grewe, Amelie Ackermann, Juror David Graham, Jasper Labonte, Aleksei Kushnerev, Juror Walter Lindenbaum, Anton Groninger, Danylo Semenko, Anton Stärk, Lara-Maria Adler, Johanna Pauli, Aleksander Kushnerev, Robin Pannen, David Karb, Wettbewerbsleiter André Stärk; Danylo Semenyuk am Violoncello; Anton Groninger am Violoncello; Fotos: LMR NRW.