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Kulturrat NRW: Offener Brief an die Fraktion der FDP im NRW-Landtag - Gegen eine Auflösung der WDR-Klangkörper

Wenn Sie unsere Äußerungen zur Programmreform des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks verfolgt haben, haben Sie feststellen können, dass wir mit Ihrem Antrag zu diesem Thema in unserem Landtag nicht einverstanden sind. Wir beziehen uns auf Ihren Antrag vom 17. Januar 2023 an den Landtag NRW (Drucksache 18/2565). Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit: Ja. Aber Sie blenden aus, dass der Öffentlich-rechtliche Rundfunk nach Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht einen die Demokratie betreffenden Programmauftrag hat und thematische, journalistische und kulturelle Vielfalt beachten muss.

Das heißt: Er muss er zu seinen Kernaufgaben stehen – Information, Bildung, Kultur. Und auf manches in anderen Bereichen kann verzichtet werden. Aber Ihr Konzept ist eine Kahlschlagsanierung. Übrigens verkennen Sie auch, dass der Öffentlich-rechtliche Rundfunk Staatsferne befolgen muss. Wie der Programmauftrag erfüllt wird, ist im Wesentlichen Sache der Sender – also auch von uns, die wir in den Gremien des WDR die Allgemeinheit vertreten.

Besonderen Anstoß nehmen wir an Ihrer Forderung „Für die Erfüllung des Programmauftrags nicht notwendige Einrichtungen, wie beispielsweise Chöre und Klangkörper sind perspektivisch aufzulösen.“ Was ist das für ein Kulturverständnis? Auch die Chöre und Orchester des WDR erfüllen einen wichtigen Kulturauftrag in unserem Land. Sie sind ein Stück seiner in Jahrzehnten gewachsenen Musikkultur. Sie fördern sowohl die Künstler, die Komponisten und sind ein Anziehungspunkt für das Publikum, wie sich soeben wieder bei dem Festival ACHT BRÜCKEN in Köln gezeigt hat. Seit Gründung des WDR haben sie diese Aufgabe hervorragend erfüllt. Die Finanzierung ist verglichen mit anderen Ausgabeblöcken gering. Sie gehören also zum Kulturauftrag, der nach Karlsruher Rechtsprechung auch das Interesse von Minderheiten im Blick haben muss.

Ein Anschlag auf die politische und kulturelle Vielfalt ist auch der Vorschlag, das ZDF zu privatisieren und „seine Politik- und Kulturredaktionen in die ARD zu überführen." Die Vielfalt unserer Sender und ihrer Redaktionen ist ein wesentlicher, demokratiestärkender Faktor in unserem Gemeinwesen.

Insgesamt betreffen die Diskussionen um den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine der Grundsäulen unserer Demokratie. Deshalb halte ich es für wesentlich, mit Verantwortung darauf nachzudenken und sich öffentlich zu äußern. Wir hoffen, dass Sie Ihre Haltung noch überdenken und dass sich für Ihren Antrag in unserem Landtag keine Mehrheit findet.
Es beruhigt, dass der Bundesparteitag der FDP vor wenigen Tagen diese, von der NRW-Landtagsfraktion aufgestellten Forderungen sich nicht zu eigen gemacht hat.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhart Baum
Vorsitzender des Kulturrats NRW
08.05.2023

(Pressemitteilung des Kulturrats NRW vom 8.5.2023)