Diskussion des Landesmusikrats am 22.11. auf der Soundtrack_Cologne
Zwischen kindgerecht und kindisch verläuft eine schmale Grenze... Wie kann es gelingen, mit der musikalischen Gestaltung von Film und Fernsehproduktionen für Kinder verantwortungsvoll umzugehen, wem soll Kindermusik eigentlich gefallen – und was ist eigentlich Qualität? Dies fragte der Moderator und Filmmusikkomponist Matthias Hornschuh (mediamusic) seine Kollegen Horst Peter Koll (Chefredakteur Film-Dienst), Jochen Vahle (Sänger & Songwriter RANDALE – Rockmusik für Kinder) und Tobias Leutzbach (Hörspielredakteur des WDR).
Eingangs zeigt Hornschuh Beispiele aus dem Kurzfilm "Die besten Beerdigungen der Welt" der Ute Wegmann Produktion. Der preisgekrönte Kinderfilm zeigt drei Kinder, die in einer Sommeridylle das Begräbnis einer toten Hummel zelebrieren und ein Beerdigungsinstitut für tote Tiere gründen. Dazu erklingt eine einfache Musik, hauptsächlich von Gitarrenklängen geprägt, die die sommerliche Naturstimmung aufgreift und verstärkt.
Horst Peter Koll empfindet die Musik als durchaus kindgerecht und stimmungsvoll. Grundsätzlich aber schätzt er Musiken mit einer eigenen Dramaturgie mehr als eine bloße Ambiente-Verstärkung. Matthias Hornschuh hingegen bekennt mit einem gewissen Neid: Ich weiß nicht, ob ich das so einfach hingekriegt hätte. "Einfach" bezieht sich dabei nicht auf die Herstellung, sondern auf die schlichte Wirkungsweise der Musik.
Dass Musik im Kinderfilm sich Anforderungen besonderer Sensibilität stellen muss, darüber ist sich das Podium einig. Thomas Leutzbach sieht hier zudem gerade auch das Hörspiel in einer Pflicht, die immer neue Zugänge erfordert. Und dass es hieran im deutschen Filmwesen lange mangelte, wird durchaus kritisch eingeräumt.
Koll kritisiert, dass in den 1950er und 1960er Jahren über die Dramaturgie der Musik bei langen Kinderfilmen nicht nachgedacht wurde. Jochen Vahle bekennt, dass das schlechte Funktionieren von Musik in den Kinderfilmen seiner Jugend mit dazu geführt hat, dass er sich nun selbst kreativ mit dem Genre beschäftigt.
Muss "kindgerecht" dabei schlicht bedeuten? Vahle widerspricht. Als er begann, Rockmusik für Kinder zu machen, ging er zunächst zwar sehr vorsichtig vor. "Wir haben uns vieles nicht getraut, was wir nicht für kindgerecht hielten. Das ist jetzt anders." Wichtig ist für ihn, dass sich die Kinder ernst genommen fühlen. Und das lässt auch eine härtere musikalische Sprache zu, die manchen Erwachsenen vielleicht wenig kindlich vorkommt.
Es entzündete sich eine Kontroverse über die möglichen Zielrichtungen von Musik für Kinder. Sollte sie eine erziehende oder eher eine unterhaltend Musik sein? Der Einwand aus dem Publikum, dass Kinder diese Kategorien nicht kennen würden, fand keine umfassende Zustimmung. Dem möge zwar so sein, würde aber der Tatsache, dass es diese Unterteilung gäbe, erstmal nicht widersprechen.
Horst Peter Koll stellte fest, dass Qualität und Authentizität in diesem Segment des Komponierens besondere Bedeutung zukomme. Musik im Kinderfilm muss schon deshalb qualitativ hochwertig sein, weil Kinder ihre Qualitätskriterien erst ausformen. Das Feld ist wenig bestellt. Viele musikalisch Kreative, die oft aus pekuniären Gründen und zuweilen zufällig in das Genre der Musik im Kinderfilm geraten, brauchen eine Art Kriteriengerüst, das es noch zu entwickeln bzw. zu verfeinern gilt. Matthias Hornschuh kündigte an, dass sich die Veranstalter von nun an kontinuierlich mit den Qualitätsfragen dieses Genres beschäftigen werden.
Eine Veranstaltung des Landesmusikrats NRW in Kooperation mit SoundTrack_Cologne, mediamusic und CinePänz, präsentiert von Film-Dienst
rvz, elr
Foto: Tobias Leutzbach, Jochen Vahle, Horst Peter Koll und Matthias Hornschuh am 22. November im Kubus Köln. Foto: LMR NRW