Fünf Kompositionen aus fünf Landesteilen Nordrhein-Westfalens: Nach den erfolgreichen Konzerten in Dortmund, Bielefeld, Aachen und Münster macht das Ensemble Hörsinn am 15. Juni in Köln, am 16. Juni in Essen und am 23. Juni in Düsseldorf Station und spielt neue Werke von Johannes Marks, Willem Schulz, Christina C. Messner, Gordon Kampe und Erik Janson.
Angeregt durch den Landesmusikrat NRW und organisiert durch die Kölner Gesellschaft für Neue Musik (KGNM) fanden sich acht Vereinigungen zusammen, um das ensemble:hörsinn aus Münster auf eine Tournee durch sieben Städte in NRW zu schicken. Alle fünf Werke sind Auftragskompositionen für die Ensemble-Besetzung Flöte, Klarinette, Trompete, Tuba, Schlagwerk und Klavier.
Über das Bielefelder Konzert berichtete die Neue Westfälische Zeitung (Rainer Schmidt):
Von Butter, Fischen und Idyllen: Das sechsköpfige Münsteraner "ensemble:hörsinn" spielte Neue Musik im kleinen Saal
Zeitgenössische Musik kommt schnell unter die Räder. Oft ist es das Schicksal von Neue-Musik-Kompositionen, nur einmal aufgeführt zu werden. Der interessefördernde Zusatz "Uraufführung" ist dann verbraucht. Mit viel Glück wird das Werk irgendwann aufgegriffen, wenn es thematisch passt oder sich einreihen lässt ins Bewährte, in diesem Kunstgenre Wertschätzung erhaltende.
Zur Förderung der Aufmerksamkeit für die zeitgenössische Klangsetzung und um ein Zeichen gegen den genannten Umstand zu setzen, haben Initiativen aus sieben Städten Nordrhein-Westfalens, darunter die Bielefelder Cooperativa Neue Musik, ihre Kräfte gebündelt. Dies dokumentieren sie erstmals mit einer Tagung und einer Tournee, bei der die Ergebnisse eines Kompositionsauftrags an Musikschaffende der beteiligten Städte zur Aufführung kommen.
Im kleinen Saal der Oetkerhalle hatte das Bielefelder Publikum das Glück, die faszinierenden Klanglandschaften in sich aufzunehmen, die fünf Komponisten in enger Zusammenarbeit mit und unter Nutzung der vielfältigen spielerischen Kapazitäten des sechsköpfigen Münsteraner ensemble:hörsinn gestaltet haben. "Klangszene II" des Dortmunders Johannes Marks wirbelt die Hörerwartungen an die aufführenden Instrumente in einem enggeknüpften Geflecht aus ineinander aufgehenden Klängen gehörig durcheinander, indem Klavier und Schlaginstrumente ihren perkussiven Charakter in lang ausklingenden Tönen verschleiern, während die Blasinstrumente scharf angerissenes Stakkato liefern.
Natürlich funktioniert auch die Umkehrung dieser Szenerie. Dem klassisch bestückten Schlagwerk hat Marks die Spielanweisung "delirando" mitgegeben, dennoch wirkt es bei aller "Rücksichtslosigkeit" wohlgesetzt .
"Schmackes und druff"
"Butter und Fische" von Gordon Kampe nutzt es dagegen eher vordergründig-statisch, obwohl Schlagwerker Gereon Voß auf Automobilteile und betagte Orgelpfeifen am Tretbalg zugreift. "Schmackes" und "Druff" fordert Kampe, wenn er seine Musiker auf "verbaler Ebene provoziert".
Der sich somit volksnah gebende Essener Komponist wird als gelernter Elektriker eingeführt, hat für "unfassbar viehisches Grunzen" einen elektroakustischen Teil mit Feedback und verzerrten Stimmen eingearbeitet. Ausgeführt wird er durch zwei der Mitspieler, die vergleichbare Attacken mittels (Bass-)Klarinette und Piccoloflöte führen, hier und bei Marks Klangszene, deren majestätischer Krach den Zuhörer durchgeschüttelt hinterlässt.
Man kann sich nun gut drauf einlassen, dass Christina C. Messner im folgenden Werk "Idyllen" erforscht, Wiederholung, Fluss und Konzentration auf Raumakustik zulässt – und doch, irgendwas Geräuschhaftes stört regelmäßig, etwa nachgespielte Klingeltöne.
Liebevoll das Parkett gebohnert
Fast gemütlich geht es auch bei Willem Schulz’ Beitrag "Haus für Tuba" zu. Solist Jan Termath bohnert mit dem Schalltrichter zunächst liebevoll das Parkett, in der szenischen Aufführung tritt er wiederholt durch einen bedeutungsgeladenen Rahmen, dann in Interaktion mit seinen divers aufgestellten Mitspielern. Situationen der Annäherung, des Konfliktes, gar der "Hausmusik" finden sich vertont. "So. – oder anders.": An fünf weiteren Stationen in NRW wird man noch an den Visionen einer individuellen Raumbespielung mit improvisierten Anteile des Cooperativa-Komponisten teilhaben können.
In Münster ist das Ensemble am 10. Juni, 20 Uhr, Black Box im cuba, Achtermannstr. 10-12. Damit steht der Begriff STATIONEN nicht nur für die Aufführungsorte, sondern auch für die gegenwärtige künstlerische Position der beteiligten Komponisten; ein abwechslungsreiches Programm also, für das in einem begleitenden Schulprojekt auch um ein junges Publikum geworben wird.
Termine .
KÖLN, 15.06. 20.30 Uhr - Alte Feuerwache, Melchiorstr. 3, 50670 Köln
ESSEN, 16.06. 16.00 Uhr - Stadtbibliothek Essen, Hollestr. 3, 45127 Essen
DÜSSELDORF, 23.06. 18.00 Uhr - Tonhalle (Hentrich Saal), Ehrenhof 1, 40479 Düsseldorf
Eine Veranstaltung des Landesmusikrats NRW, der Kölner Gesellschaft für Neue Musik, des Vereins für Neue Musik Dortmund, der Cooperativa Neue Musik Bielefeld, der Gesellschaft für zeitgenössische Musik Aachen, der Gesellschaft für Neue Musik Münster, der Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstförderer, der Gesellschaft für Neue Musik Ruhr, von musik21 e.V. Düsseldorf, gefördert durch das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW, mit Unterstützung von Kulturamt Bielefeld, Kulturbetriebe Aachen, Kulturamt der Stadt Münster, Kulturamt der Stadt Köln, Kulturbüro der Stadt Essen, Kulturamt Landeshauptstadt Düsseldorf und der Tonhalle Düsseldorf.
Foto: In der Rudolf-Oetker-Halle spielte das Ensemble Hörsinn am 3. Juni. Foto: Rainer Schmidt