Rap aus Deutschland stand auf dem Programm, war aber Gottseidank nicht drin. Anstelle monotoner Sprechgesänge, deren einziger Stolz der Reim am Ende der Zeile ist, bot Alligatoah am Sonntagnachmittag schlaue Lied gewordene Texte, die die Lippen seiner echten Fans in der ausverkauften Tonhalle mitsingend gar nicht mehr zur Ruhe kommen ließen. Was anfangs etwas komödienstadelhaft daherkam (der Ruf „gibt’s hier jemand, der Klavier spielt?“ brachte – welch Überraschung! – den Pianisten Berkan – „BRKN ohne Vokale geschrieben, das ist billiger“ – auf die Bühne), ging dann aber richtig ab: Alligatoah mit sehr akzentuiertem Gesang, einer Stimme mit einer erstaunlichen Bandbreite, sehr rhythmisch, mitunter sehr melodiös und Berkan am funkig bearbeiteten Flügel, der bisweilen eine zweite Gesangsstimme beisteuerte, die wie das Salz in der Suppe wirkte; freche Texte, deren böse Wiederhaken man unter den ohrwurmartigen Refrains oft erst spät bemerkte.
Getoppt wurde diese mitreißende Vorstellung noch, als die Blechbläser und Standpauker von RheinBrass (Studierende der Robert Schumann Musikhochschule) zu den Songs von Alligatoah rhythmischen Rückenwind beisteuerten. Die (wenigen) älteren Zuhörer erinnerten sich vielleicht an die Frische des jungen Rio Reiser, nur ist Alligatoah viel weniger traurig, mehr clownig. Der Clown in ihm war auch bei dem Teil der Zugabe unübersehbar, den Alligatoah allein mit der Brassband bestritt, und wo er keinen Ton sang, sondern nur minutenlang mit ungelenk-virtuos choreografierten, Karl-Valentin-würdigen, grotesken Schritt- und Gestenabfolgen zu den melodramatischen Prokofjew-Klängen der Blechbläser über die Bühne stakste. Die Lacher waren auf seiner Seite und der Applaus für das gelungene Crossover-Projekt riesig.
(Brigitte Ulrich)
Das Konzert wurde vom Landesmusikrat NRW und dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW gefördert.
Fotos: Alligatoah und die Blechbläser von RheinBrass (Studierende der Robert Schumann Hochschule) während der Probe und beim Konzert am 01.11.2015 in der Düsseldorfer Tonhalle. Fotos: Markus Luigs