Hunderte von Akteuren trafen sich heute auf der Ukraine-Konferenz des Landes Nordrhein-Westfalen in der Flora Köln. Aus fast allen Ressorts der Landesregierung warfen Podien Schlaglichter auf die Vielfalt der Zusammenarbeit und auf bestehende Bedürfnisse. Es ist bemerkenswert, wie eng und ausdifferenziert die Kooperation auf fast allen Ebenen ist und wie konkret an vielen Stellen auch die Zeit nach dem russischen Angriffskrieg vorbereitet wird.
Ein Panel galt Kooperationen in Kunst und Kultur. Michael Reitemeyer vom Kulturministerium führte in die Thematik ein und umriss, wie inhaltsreich manche Kulturinstitutionen in NRW mit ukrainischen Akteuren zusammenarbeiten. Der Fokus gilt zumal der Partner-Region Dnipropetrowsk, die ein dichtes Kulturleben aufweist, allein 14 Theater, 615 Bibliotheken, 540 Clubs und Spielstätten, 3 Philharmonien, 32 Museen, 88 Kunstschulen und eine Musikakademie machen dort kulturelle Angebote.
Kulturministerin Ina Brandes sieht es als vordringlich an, den kulturellen Verbindungen zwischen NRW und Ukraine ein solides Fundament zu geben. Nachhaltigkeit dieser Arbeit ist notwendig, denn Putins Angriffskrieg richte sich gerade gegen die Identität und Kultur der Ukraine. Dazu scheint es nicht zu passen, dass die Programme der Förderung von internationaler Kulturarbeit im Kulturministerium auf dem Prüfstand stehen, wie Moderator André Erlen anmerkte. Doch Ina Brandes erläuterte das Motiv der Überprüfung: Die Programme seien zu kleinteilig aufgesetzt; mehr Mittel sollten in die Kunstszene gehen. Künftig sollten Kooperationen zwischen Kultureinrichtungen in NRW und in der Ukraine besonders gefördert werden. Der Betrag, mit dem diese Programme hinterlegt werden, stünde noch nicht fest. Grundprinzip sei aber eine Kofinanzierung mit der Ukraine.
Iryna Shum, frühere Konsulin der Ukraine in Düsseldorf, jetzt im ukrainischen Außenministerium für Kommunikation zuständig, sieht in der Vermittlung dieser Kooperationen eine große Aufgabe und ermunterte die Kongressbesucher, Partnerschaften zu initiieren. Natalia Kryvda, Leiterin der ukrainischen Kulturstiftung, fördert und begleitet Kulturprojekte und sorgt seit Kriegsbeginn besonders für die Nachhaltigkeit dieser Projekte. Sie sucht internationale Kooperationen, bei denen ihre Stiftung aus ihren staatlichen Mitteln die Hälfte der Kosten trägt. Die Inhalte sind frei, es müssen keine grundsätzlich grenzüberschreitenden Arbeiten sein, auch Spiegel-Projekte sind förderfähig.
Zur Demonstration, was im Kriegsalltag der Ukraine alles an Kultur möglich ist, schilderten Alina Stamenova und Dinara Khalilova vom Dnipro Center for Contemporary Culture ihre Arbeit in Dnipro. Sie schafft Foren des kulturellen Austauschs und versucht, durch ausstrahlungsstarke Projekte die kriegsbedingte Isolation der Region zu überwinden. Die Wichtigkeit einer solchen Arbeit hat Franziska Höfter, die Leiterin des Goethe-Instituts Ukraine, früh erkannt. Ihr Haus schloss durch den Krieg nicht einen einzigen Tag, aber es schichtete die eigene Arbeit um. Seit 2020 macht es kaum noch Eigenprojekte, sondern fördert ukrainische Kulturprojekte im ganzen Land. Von über hundert geförderten Projekten wurde keines abgebrochen, viele aber sind der jeweiligen Sicherheitslage angepasst worden. Neuerdings gibt es auch wieder Eigenprojekte, die ukrainische Kulturschaffenden mit solchen der EU verbinden.
Lorenz Deutsch, Vorsitzender des Kulturrats NRW, drückte dieser Arbeit seinen Respekt aus. Was die vielgliedrige Verbändestruktur in NRW auch für die Ukraine leisten könne, würde er gerne versuchen zu aktivieren. Nataliia Pershyna, Dnipropetrowsk, erklärte, dass sie vor allem sicheren Raum für Kulturschaffende benötige. Den kann der Kulturrat nicht bieten, doch Kooperationsgesuche und -offerten kann er über seine Kommunikationskanäle bestens in die nordrhein-westfälische Kulturlandschaft verteilen. Immerhin zeigt jede NRW-Ukraine-Kultur-Kooperation, dass die nordrhein-westfälischen Kulturschaffenden den russischen Angriffskrieg grundsätzlich nicht akzeptieren und verurteilen.
rvz
Fotos: Franziska Höfler (Goethe-Institut Ukraine), Lorenz Deutsch (Kulturrat NRW), Nataliia Pershyna (Regionale Staatliche Verwaltung Dnipropetrowsk), Iryna Shum (Außenministerium Ukraine), Ina Brandes (NRW-Kulturministerin) und Moderator André Erlen sprechen über Kooperationen in Kunst und Kultur auf der Ukraine-Konferenz des Landes NRW am 18. November 2024 in der Flora Köln;
Alina Stamenova und Dinara Khalilova (Dnipro Center for Contemporary Culture), Catalina Rojas Hauser (Kulturrat NRW) und Michael Reitemeyer (Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW);
Lorenz Deutsch (Kulturrat NRW) und Nataliia Pershyna (Regionale Staatliche Verwaltung Dnipropetrowsk);
NRW-Kulturministerin Ina Brandes;
NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und Natalia Kryvda (Ukrainische Kulturstiftung) auf der NRW-Ukraine-Konferenz am 18.11.2024 in Köln; Fotos: LMR NRW.