Im vielfältigen Deutschland wird Interkulturalismus in vielen Formen realisiert, trotzdem war es für mich eine Überraschung, das Lied “Morgen kommt der Weihnachtsmann” auf einer syrischen Oud gespielt zu hören.
Im Caritas-Zentrum Oberbilk kann man diese Art von kultureller Begegnung jede Woche beim offenen Oud-Workshop des Düsseldorfer Vereins „Oum el Baninie“ selbst erfahren. Nicht nur das Erlernen der Kurzhalslaute wird angeboten, sondern auch das Klavierspiel sowie das Singen von arabischen Liedern. Alle benötigten Instrumente und Notenblätter werden bereitgestellt – sowie auch Kaffee und eine einladende Atmosphäre.
Die beiden Dozenten, die Musik im mittelöstlichen Raum studiertet haben und in den letzten fünf Jahren nach Deutschland geflohen sind, gehen im Übungsraum herum und leiten die durchschnittlich sechs Teilnehmer*innen auf Deutsch und Arabisch an. Die Projektleiterin dieses Workshops, Frau Rabia Daoudi, kommt selbst aus Marokko und kann ihre Erfahrungen aus zwei unterschiedlichen Kulturen einbringen, bei Bedarf übersetzen und zwischen den Kulturen vermitteln.
Dieses kulturelle Wechseln – oder „Codeswitching“ – wird durch die Zusammensetzung der Teilnehmer*innen abgebildet. Manche sind seit 2015 neu in Deutschland angekommen, während andere aus dem Mittelmeerraum vor 30 Jahren eingewandert sind. Den Teilnehmer*innen ermöglichen diese Unterrichtsstunden, mit dem Heimatland verbunden zu bleiben, egal ob man es vor Monaten oder Jahrzehnten verlassen hat.
So wird im Rahmen dieses Projekts auch eine andere Seite der Integrationspolitik gezeigt. Ein Einwanderungsland wie Deutschland braucht Räume für Bürger*innen mit Migrationshintergründen und -erfahrungen, wo sie ihre Traditionen bewahren und weiterentwickeln können. Zum Glück gibt es Menschen wie Frau Daoudi, die als Multiplikator*innen arbeiten und die neuen Deutschen beim Eintritt in die deutsche Gesellschaft begleiten und zudem Orte für neue musikalischen Formen schaffen. Beim nächsten Besuch erhoffe ich mir, das „Altbierlied“ mit Oud-Ensemble zum Karneval zu hören.
(Rose Campion)
Das Projekt wird auch im Jahr 2021 fortgeführt und wird gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen über den Landesmusikrat NRW.