Elektronischer Pop für Frauen
An zwei Wochenenden führte der Landesmusikrat einen Remix-Workshop für junge Frauen durch. Angelika Lepper und Maya Consuelo Sternel führten erneut eine Gruppe von 14 jungen Elektronikerinnen in die Kunst des Remix ein. 2007 hatten sie den ersten Workshop des Landesmusikrats in der Bochumer Musikschule gegeben, 2008 nun luden sie in die Räume der Akademie für Kommunikationsdesign nach Köln. Die Teilnehmerinnen von 2008 sind überwiegend schon als Djanes unterwegs. Sie legen in Clubs auf, arbeiten auch mit Bootlegs und interessieren sich für kreatives elektronisches Arbeiten.
Einige Teilnehmerinnen hatten schon am Workshop von 2007 teilgenommen und dort den Umgang mit der Software Live von Ableton gelernt. Zwei Originalstücke hatten sie einem Remix unterzogen, eines von Electric Indigo (Wien), eins von Maya Sternel ("DJ Da Cut", Berlin). Im zweiten Workshop gehen die Teilnehmerinnen nun weiter, gehen selbstbewusster mit eigenen Zutaten, die sie per midi einspielen, an die Originale heran und suchen ihre eigene Sprache. Und sie suchen das Miteinander: Drei DJs aus dem Ruhrgebiet bilden ein Laptop-Ensemble: Julia Bachmann, Constanze Bergk und Christina Kass teilen sich die Stimmen ihres elektronischen Werks auf, so dass sie mit drei Computern als elektronische live-Band auftreten.
Warum wird man DJ" Lina Ivanova ("DJ Livana") ging gerne tanzen, lernte die Musik der Clubs lieben und interessierte sich immer mehr für ihre Erarbeitung. In der elektronischen Popmusik sucht sie ihren künstlerischen Weg. Michelle Scherka ("Arantxa Gallardo") hingegen sieht in der Clubwelt einen immer größeren Bedarf an DJs, die selbst kreativ mit Remix und Neuschöpfungen arbeiten. Viele junge DJs wollen öffentlich auflegen, und der Weg in die Clubs führt über den Remix. Michelle legt monatlich drei bis fünfmal in Clubs auf, Lina Ivanova hingegen spielt eher für sich und arbeitet an einem neuen Stil.
Wollen sie einmal hauptberufliche DJanes werden" Lina Invanova hat da wenig Interesse. Sie möchte viele Ideen im Kopf haben und auf CD und damit etwas anfangen können. Michelle hat eher Interesse an der Arbeit in Clubs, doch sie ist realistisch: "Um so etwas hauptberuflich zu machen, braucht man ein Management. Die Bookings müssen funktionieren, es wird viel gereist, es gibt viele Ausgaben, das erfordert eben Management oder einen Exklusivvertrag mit einem Club. Man braucht ja ein Einkommen von zwei bis dreitausend Euro monatlich, und das schaffen die wenigsten. Wer es aber schafft, schafft es musikalisch meist über einen guten Remix. Das Beste ist ein guter Remix von einem bekannten Musiker. Sind die Remixe gut und die Originale bekannt, kommen auch die Bookings, wenn die Genehmigung von den Originalkomponisten auch meist teuer sind."
Ergibt ein Remix-Workshop nur für Frauen einen Sinn" "Unbedingt," meint Angelika Lepper ("Acid Maria"), "die Atmosphäre bei Workshops für Frauen ist viel entspannter als bei gemischten Workshops und Frauen arbeiten anders." Anders " damit meint sie zielgerichteter, eher entlang am Lehrstoff des Workshops. Hedwig Otten, Organisatorin des Workshops, pflichtet ihr bei. Die Arbeit gilt mehr dem Auftritt mit den Ergebnissen als den Nebenwegen.
Im Kölner Club Hurricane zeigen die Musikerinnen am Abend des 13. September, was sie gelernt haben. Eine nach der anderen präsentiert ihren Remix, das Trio eine fulminante Gemeinschaftsarbeit. Blutrotes Neonlicht hebt die Musikerinnen aus der Dunkelheit des Clubs hervor, das bläuliche Licht der Laptops wird von konzentrierten Gesichtern reflektiert. Die 13jährige Katharina ist zum ersten Mal beim Remix-Workshop. Sie spielt vier verschiedene akustische Instrumente auf Wettbewerbsniveau, nahm 2007 an einem Kompositionsworkshop für junge Frauen des Landesmusikrats teil und fasste so im Komponieren aktueller Kunstmusik Fuß. Den Remix sieht sie als Erweiterung ihrer Ausdrucksmöglichkeiten und das, was sie im Hurricane vorstellt, ist anders als die Arbeitsergebnisse ihrer Kolleginnen, oberstimmenbetonter, stärker mit Melodien als im Groove arbeitend. Eine animierende Synthese zweier Welten, die so weit entfernt voneinander nicht sind.
Der Workshop fand in Kooperation mit der Akademie für Kommunikationsdesign Köln statt und wurde vom Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.
rvz
Fotos: Dozentin Maya Sternel, Michelle Scherka und Leonie Scherka in der Akademie für Kommunikationsdesign Köln
Dozentin Angelika Lepper unterweist Katharina
DJane Carmen und Maja Sternel (DJ DaCut)
Fotos: Landesmusikrat NRW