Der Brückenklang-Tageskurs 'Konnakol – Vokalperkussion aus Südindien' fand am 11.05.2019 in den Räumlichkeiten des Übehauses Kray in Essen statt. Ziel der Veranstaltung war es, das Potenzial der südindischen Rhythmusdidaktik, insbesondere in Gestalt der Rhythmussprache Konnakol zu verdeutlichen. Hierzu wurde der Themenkomplex gemäß dem Format ‚ästhetische Lernkontexte‘© in Vortrag, Workshop und Konzert präsentiert und mit themenangrenzenden Intermezzi garniert von den Dozententeam des ‚Netzwerk Konnakols‘:Johannes Winkler (artistic research, composer) und Anushaant Nayinai Wijayan (master of mridangam).
Neben traditionellen südindischen Elementen und Strukturen wurden parallel neue Chancen für die westliche zeitgenössische Rhythmusdidaktik aufgezeigt. Die Veranstaltung hatte einen Einführungs- und Übersichtscharakter und richtete sich sowohl an professionelle Musiker, Musikstudenten als auch interessierte Laienmusiker und Nichtmusiker.
In der ersten Hälfte der Veranstaltung wurden Konnakol-Grundlagen in Theorie und Praxis (Workshop-Einheiten) sowie einige Hintergründe vermittelt. Mit einfachsten ‚Nachsprechübungen‘ beginnend, steigerte sich der Schwierigkeitsgrad allmählich. Zum Ende der Einheit wurden die Teilnehmer angeleitet auch selber Strukturen zu komponieren und vorzutragen.
Die zweite Hälfte legte ihren Fokus auf einige weiterführende, musiktheoretische und praktische Aspekte. Hierbei wurden Gatis, Gati-Zellen und deren mögliche Kompositionen, Gati-Jathi-Kombinationen und Nadai Bhedam erläutert und demonstriert. Mittels Frank Zappas Schlagzeug-Solo Stück ‚The Black Page‘ welches von Johannes Winkler (Dank an Henrik Andersen, Dänemark) und A. N. Wijayan weiter-transkribiert und dann gemeinsam live-interpretiert wurde (Konnakol + Mridangam) verdeutlichten sich die weit- und tief reichenden Anwendungs-Möglichkeiten hinsichtlich westlicher (zeitgenössischer-), rhythmisch-komplexer Musik. Zum Ende demonstrierten, im Duo, Anushaant N. Wijayan (Mridangam) und Johannes Winkler (Konnakol) jeweils einen traditionell-karnatischen Tani-Avartanam sowie gemeinsam abschließend: Kurraipu, Periya & Seriya Mora.
Im Verlauf der Veranstaltung eröffneten besinnliche und konzeptuelle ‚Intermezzi‘ weitere Räume: So stelle Johannes Winkler zu Beginn die indische Denkfigur des ‚Tetralemmas‘ vor: ihr buddhistisch/hinduistischer Hintergrund, ihre (Un-)Formalisierbarkeit und ihre Anwendung als Mittel zu kreativen Einsichten und Entscheidungen gemäß M. Varga von Kibéd. Mittlerweile hat sich das Tetralemma
als theoretisch-praktische Grundhaltung von ‚Netzwerk Konnakol‘ etabliert, da es die Suche nach dem beiderseits Unbekannten im ‚weder-noch‘ unterstützen kann.
Im Intermezzo ‚Äquidis_tanzen‘ wurde das Denken in Geschwindigkeiten und „parallelen Tempi“ in der südindischen Musik präsentiert. Einerseits wurden Techniken aufgezeigt, wie komplexere Relationen z.B. 15:16 systematisch zu erlernen sind, andererseits wie sich darauf aufbauend weitere „Intuitionen von Zeitverhältnissen“ entwickeln.
Abschließend wurde Conlon Nancarrows ‚Player-Piano Study No. 40a‘ vorgestellt, in welcher sich die in pi : e irrational laufenden Stimmen niemals treffen. Im Intermezzo (‚Talasysteme - Trikala-Perspektiven‘) wurde dargestellt, wie selbstverständlich, früh und multisinnlich die karnatische Rhythmusdidaktik ihre längeren rhythmischen Strukturen im Lernprozess aufbaut. Anushaant N. W. präsentierte hier das 35 Sapta-Tala System und die daraus abgeleiteten Tala-Strukturen.
Weiteres Material auch auf: www.konnakol.de, www.johanneswinkler.de, www.anushaant.com, www.tcfa.de
Eine Veranstaltung des Landesmusikrats NRW und der Landesmusikakademie NRW in Kooperation mit dem Netzwerk Konnakol, dem Chorverband NRW e.V., der Tamil Cultural Fine Arts Academy Germany, dem Volksmusikerbund NRW, und dem Übehaus Kray e.V., gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW.
(Johannes Winkler)
Foto: Matthias Rietschel