Ein Workshop des kulturenverbindenden Programms „Brückenklang“ führte im Neusser Romaneum vier Chöre zusammen. Eine Gesangsgruppe des Tamilischen Kulturvereins Dortmund, der Projektchor „InCHORsiv“ der Werkstatt der Kulturen Aachen, der Ruhrgebiets-Chor „German Silver Singers“ des ChorVerbands NRW und der interkulturelle Chor der AWO Düsseldorf stellten einander typische Stücke ihres Repertoires vor und tauschten sich über die Eigenheiten des Singens im Chor aus.
Die drei Ensembles aus Aachen, dem Ruhrgebiet und Dortmund erarbeiteten zudem eine gemeinsame Uraufführung: Dozent des Workshops war der australische Komponist und Chordirigent Gordon Hamilton, ein Spezialist für kulturelle Brücken in musikalischen Werken. Seine neue Komposition verbindet Bachs Choral "Jesu meine Freude" (textlich dessen dritte Strophe) und das Gedicht "Afiki ya Dimashqu" des syrischen Lyrikers Mahmudjamil Homidan zu einer Friedensbotschaft und einem Lied auf Damaskus. Die drei Chöre wurden dabei von Zuspielungen unterstützt, so von der Rezitation der Verse durch Mahmudjamil Homidan selbst, und von Hamilton am Flügel.
Hamiltons Kompositionsstil hat etwas weit Getragenes und etwas Minimalistisches zugleich. Die Chöre singen die Verse als kurze Phrasen, die sich auf große Zeiträume der Zuspielung verteilen. Die Versvertonungen sind überwiegend zweistimmig gehalten, wobei die Stimmen eng, teils in Halbton- und Ganztonabständen geführt werden. Eine andere Phrase erscheint einstimmig in ständiger Wiederholung, die gleitend in einen zweistimmigen, dann dreistimmigen Kanon zerfällt.
Den Sängerinnen und Sängern fiel die Intonation der kleinen Intervalle nicht leicht und die Zeit war knapp, da der eintägige Workshop nicht nur die Proben zur Uraufführung, sondern auch den Austausch und gegenseitiges Vorsingen beinhaltete. Doch das Ergebnis des Abschlusskonzerts löste im vollbesetzten Romaneum Begeisterung aus. Die Botschaft Homidans und Hamiltons erreichte jeden und der lang anhaltende Applaus forderte vergeblich eine Zugabe – zu einer solchen hatte der Tag nicht gereicht.
Holger Müller (Musikschule der Stadt Neuss) und Robert v. Zahn (Landesmusikrat NRW) begrüßten das Konzertpublikum, die Leiter der Chöre stellten ihr Arbeit mit kurzen Erläuterungen vor: Guiomar Marques-Ranke präsentierte ihren Aachener Chor InCHORsiv, der u.a. mit seinem schwungvollen „Mas que nada“ von Jorge Ben Jor begeisterte, Narayanan Krishnamoorthy und Kousin Suriyakutiaran vom Chor "Melody Time" des tamilischen Kulturvereins Dortmund demonstrierten Ragas tamilischer Musik, Volker Buchloh und seine „Silver Singers“ hinterfragten locker um den Flügel stehend Marius Müller-Westernhagens „Freiheit“, Moderatorin Ayser Ilgat und der Interkulturelle Chor der AWO Düsseldorf präsentierten mit Keyboard-Begleitung türkische Weisen. Hamilton selbst stellte den Hörern nach der Uraufführung seines Werks den Dichter Homidan vor, der sichtlich bewegt von der Vertonung seiner Verse war.
„Brückenklang“ ist ein Programm des Landesmusikrats NRW in Kooperation mit der Landesmusikakademie NRW, dem Chorverband NRW und weiteren Partnern, gefördert von Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW.
rvz
Fotos: Der Chor "Melody Time" des tamilischen Kulturvereins Dortmund am 24. September 2017 im Romaneum Neuss; die German Silver Singers und Volker Buchloh; Sängerinnen und Sänger des InCHORsiv Aachen, geleitet von Guiomar Marques-Ranke; der Interkulturelle Chor der AWO Düsseldorf; Uraufführung von Gordon Hamiltons "Afiki ya Dimashqu" nach einem Gedicht des syrischen Lyrikers Mahmudjamil Homidan; Fotos: LMR NRW.