Stellungnahme zum Diskussionsentwurf des Bundesjustizministeriums für ein Zweites Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts
Der Landesmusikrat NRW befürwortet im Wesentlichen die Eckpunkte des im Juni veröffent-lichten Konzeptes zur Reform des Urheberrechts im digitalen Binnenmarkt als grundsätzlich geeigneter Richtung zur weiteren Konkretisierung und Umsetzung.
Das Eckpunktepapier bleibt hinter den Maximalforderungen der Kreativen und Rechte-inhaber*innen zurück, sorgt aber nach einer im Wesentlichen emotional geführten öffentlichen Debatte für eine Versachlichung und einen Schritt hin zum gesellschaftlichen Interessensausgleich. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) nimmt dabei in vielen Aspekten Rücksicht auf die in dieser Debatte geäußerten Kritikpunkte und Ängste, macht gleichzeitig aber konstruktive Vorschläge wie beispielsweise die Einführung eines Pre-Flaggings oder einer Bagatellschranke, deren effektive Auswirkungen auf Kreative und Rechteinhaber allerdings abzuwarten bleibt.
Die in diesem Papier skizzierte Richtung eines Interessensausgleichs zwischen deutscher Kreativwirtschaft und internationalen Internet-Konzernen begrüßt der Landesmusikrat NRW ausdrücklich. Aus unserer Sicht sind dies geeignete Ansätze, um Grauzonen im Netz zu beseitigen und die Belange sowie die Freiheit der einfachen User zu berücksichtigen bzw. zu schützen. Wir verbinden damit die Hoffnung, dass durch die hier entworfenen, relativ einfachen und praktikablen Maßnahmen die geschürten Ängste vor einer Einschränkung der Freiheit im Netz abgebaut werden können und Kreative und Rechteinhaber*innen gleichzeitig perspektivisch wieder fair behandelt werden. Alle Seiten erhalten einen Gewinn an Rechtssicherheit.
Grundsätzlich ist es den im Landesmusikrat organisierten Verbänden jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Einräumung urheberrechtlicher Rechtsansprüche allein kein Problem lösen wird und nur dann Sinn macht, wenn und soweit diese Ansprüche und Rechtspositionen mit ausreichenden Instrumenten zu ihrer Durchsetzung versehen werden. Dabei wird es einerseits darauf ankommen, hinreichend praktikable Methoden einer angemessenen und wo möglich ausreichend automatisierten Erlösbeteiligung der Kreativen zu installieren. Andererseits sollten individuelle Urheber*innen und Inhaber*innen verwandter Schutzrechte, die in der strukturellen Asymmetrie des Marktes die schwächere Verhandlungsposition haben, kollektive Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung an die Hand gegeben werden, um sie vor Blacklisting und anderen Repressalien zu schützen. Darauf gilt es das Papier des BMJV zu prüfen sowie die dort enthaltenen Ansätze in einer solchen Weise zu ergänzen und zu konkretisieren, dass die derzeitige eklatante Schwäche in der Durchsetzbarkeit angemessenen Rechtsschutzes essentiell behoben wird. Für die Nutzerseite gilt es ebenso, die bisher umrissenen Vorkehrungen hinreichend rechtssicherer Nutzungen praktikabel zu konkretisieren.
Reinhard Knoll, Präsident des Landesmusikrats NRW: „Die gesamtgesellschaftliche Debatte über die Freiheit der Kreativen auf der einen Seite und die Freiheit der Netzkultur auf der anderen Seite wurde ihrer Komplexität in der Vergangenheit nicht immer gerecht. Wir sehen in den Eckpunkten des Justizministeriums nun einen begrüßenswerten ersten Schritt hin zu fairen Lösungen und praktikablen Maßnahmen. Wir als Landesmusikrat NRW sind gerne bereit, den hier eingeschlagenen Weg kritisch und konstruktiv zu begleiten.“