Am 16. November 2017 trafen sich im Bürgerhaus Köln-Kalk Aktive aus musikalisch-künstlerischen Projekten mit Geflüchteten anlässlich eines Vortrags zum Thema Asylrecht. Referent zu diesem Forumstermin war Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat e.V., der nicht nur Gesetzestexte erläuterte, sondern Illusionen nahm und wertvolle Hilfestellungen zu diesem Thema geben konnte.
Moderatorin Beate Glombek eröffnete den Abend mit einer Vorstellungsrunde der Teilnehmenden. Neben einem Berufsschullehrer, der Geflüchtete in seinen Klassen unterrichtet, waren hauptsächlich Musikschullehrerinnen anwesend, die im Raum Köln (u.a. in Aufnahmeeinrichtungen) musikalische Arbeit mit Geflüchteten leisten. Alle Teilnehmenden waren im Laufe ihrer Projekte schon mit dem Thema in Berührung gekommen – meistens in Form von Fragen seitens der Geflüchteten, auf die sie keine Antworten hatten. Deshalb erwarteten den Referenten vielfältige Fragen.
Es wurde im Verlauf der Veranstaltung deutlich, dass es kaum einfache Antworten gibt, sondern nur einen langen Weg durch das Deutsche Rechtssystem, in dem das eigentliche „Asylrecht“, das viele bei dem Thema im Kopf haben, oft nicht zuständig ist. Gleich zum Einstieg konnte Prölß die Illusion nehmen, dass das deutsche „Asylrecht“ nach Grundgesetzartikel 16a für die meisten Geflüchteten hierzulande gilt. Nur ein kleiner Teil der Geflüchteten, die sich derzeit in Deutschland aufhalten, fallen unter diesen Artikel, so Prölß. Für über 90 % der Geflohenen bzw. Asylsuchenden sind das deutsche Ausländerrecht, die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und das Schengen-Abkommen rechtlich bindend. Das Staunen der Anwesenden war nach dieser Eröffnung groß.
Prölß berichtete von einer Novellierung des Grundgesetzartikels 16a im Jahr 1993. Demnach haben ein Recht auf Asyl nur Geflüchtete, die nicht über Land nach Deutschland gekommen sind und nicht aus den so genannten „sicheren Herkunftsländern“ oder aus EU-Staaten stammen. Aber welche Geflüchteten sind 2015 mit dem Schiff an der Deutschen Küste gelandet oder über deutsche Flughäfen eingereist? Aus diesem Grunde, so Prölß, gelten für die Geflüchteten in Deutschland das Ausländerrecht und die Genfer Flüchtlingskonvention.
Diese beiden Gesetzesgrundlagen stellte Prölß anschaulich und praxisnah dar. Er betonte dabei, dass das Ausländerrecht nicht geschaffen wurde, um Integration und Partizipation für Geflüchtete zu erleichtern, sondern in erster Linie für „Gefahrenabwehr“ entworfen wurde. Somit wurde der Abend zu einem Vortrag über deutsches Ausländerrecht und über die GFK. Die Komplexität des Themas und die enormen Hürden, die Geflüchtete nehmen müssen, um in Deutschland Asyl oder Duldung zu erhalten, machten die Teilnehmen betroffen.
Diskussionen über Beispiele aus dem persönlichen Arbeitsumfeld der Teilnehmenden zeigten, dass man als juristischer Laie auf diesem Feld an Grenzen stößt. Rechtsanwälte und ausgewählte Flüchtlingsorganisationen können das komplexe Feld überblicken und Hilfestellung bieten. Deswegen sei es wichtig, so Prölß, die richtigen Anlaufstellen zu kennen und nicht zu versuchen, sich alleine in diesem Rechtssystem zurechtzufinden.
Prölß konnte mit den Teilnehmenden einige schwierige Fragen klären und vor allem Anlaufstellen in Köln für Rechtsberatung nennen. Bei der Frage, wie bei Anhörungen die beste „Glaubhaftmachung“ der Verfolgung und letztendlich des Asylgrundes möglich ist, bekannte er, dass seiner Erfahrung nach keine Systematik erkennbar sei.
Die Powerpoint-Präsentation des Vortrages „Asylrecht“ kann auf Anfrage bei Matthias Witt, dem Fortbildungsreferenten für Flüchtlingsprojekte der Landesmusikakademie NRW, bezogen werden, matthias.witt@lma-nrw.de.
2018 findet die vorerst letzte Forumsveranstaltung in Kalk am 23.01. von 19.30–21.30 Uhr statt. Diesmal zum Thema Gesang und Integration. Ursula Kerkmann wird ihr Konzept „Lieder zum Ankommen“ vorstellen, ein gesanglicher Einstieg ist garantiert. Interessierte sind willkommen, die Teilnahme ist kostenfrei. Auch in Essen und Wuppertal werden Foren für musikalische Integrationsprojekte veranstaltet, Termine, Moderatoren und geplante Themen sind unter www.landesmusikakademie-nrw.de zu finden.
(Matthias Witt)