Es war eine spärliche Versammlung von Abgeordneten, die sich am 20. Januar 2021 in Plenarsaal des nordrhein-westfälischen Landtags mit dem Regierungsentwurf der Kunsthochschulgesetznovelle befasste, doch bot ein Livestream des Landtags vielen weiteren Abgeordneten und Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit, die Fragestunde zu verfolgen. Das Thema, das am häufigsten im Fokus stand, war die Änderung des Status und der Rolle der Lehrbeauftragten, zu dem sich fast alle Experten sehr kritisch äußerten. Lehrbeauftragte sorgen für den weit überwiegenden Teil des Lehrangebots, sie arbeiten in Prüfungs- und auch Aufnahmeprüfungskommissionen, sie tragen die Gremien bis hin zum Senat mit und werden dafür allenfalls bescheiden honoriert, so hielt es Friedemann Immer von der Hochschule für Musik und Tanz Köln in einer eindrucksvollen Stellungnahme fest.
Der Gesetzesentwurf will 25 Lehrbeauftragten nun feste Stellen im Mittelbau bieten und dafür den Anteil der Lehrbeauftragten am Gesamtlehrdeputat auf 30 % reduzieren, was sehr vielen von ihnen den Vertrag kosten wird. Auch will das Gesetz sie nicht mehr als Mitglieder der Hochschule sehen, sondern definiert sie als "Angehörige" mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Sozialversicherungspflicht. Die Künstlersozialkasse wird dann weitere Mitglieder aufnehmen müssen.
Erik Otto vom Hauptpersonalrat des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft mahnte sein Haus, den Status der Lehrbeauftragten doch wenigstens so lange unberührt zu lassen, bis alle Aufgaben des Regelangebots von Beschäftigten mit ordentlichen Arbeits- und Dienstverhältnissen wahrgenommen werden. Etwa als Lehrkräfte für besondere Aufgaben. Erst einmal sollen Landtag und Ministerium die Dauerstellen schaffen und dann erst der Gesetzgeber den Status der mehr als 900 Lehrbeauftragten beschneiden. Die bislang vorgesehenen Mittelbaustellen reichen bei weitem nicht aus, den Anteil der Lehrbeauftragten auf 30 Prozent des Gesamtlehrdeputats zu reduzieren. Nur in der relativ kleinen Musikhochschule Detmold, die mit Professuren angemessen versorgt ist, wird diese Quote erreicht, und deren Rektor Thomas Grosse, der Sprecher der Landesrektorenkonferenz der Kunst- und Musikhochschulen ist, sprach sich auch für den Gesetzesentwurf aus.
Wer so viel zum Lehrangebot beisteuert wie die Lehrbeauftragten, muss in der akademischen Selbstverwaltung angemessen vertreten sein, und die Hochschulgremien sind ohne diese – so der Hauptpersonalrat – sowieso nicht zu bewerkstelligen. Was spricht dann für die Reform? Friedemann Immer setzte sich mit dem Argument auseinander, der jetzige Status der Hochschulmitgliedschaft wäre mit der Gefahr des Einklagens verbunden. Doch Immer weiß nur von einem einzigen Versuch und der schlug fehl. Sebastian Schärr stützte als Sprecher der Lehrbeauftragten diese Sicht und schilderte, wie eng im Lehrbetrieb und in den Gremien die Arbeit von Lehrbeauftragten und Professoren verzahnt ist. Thomas Grosse hingegen setzte auf das Signal, das von der Schaffung neuer Mittelbaustellen ausgeht, in die Lehrbeauftragte einrücken können. Es ist für ihn der Beginn einer Entwicklung zu durchgehend besseren Beschäftigungsverhältnissen. Wandel erscheine zunächst einmal immer heikel.
Friedemann Immer wies darauf hin, dass die Umwandlung zu festen Beschäftigungen vor allem in den Kernfächern geschehen solle. Es gibt aber große weitere Lehrbereiche, die dann die negativen Folgen der Reform, die Reduzierung der Lehrbeauftragtenzahl und den geringeren Status, spüren werden. Und selbst in den Kernfächern seien im Zuge der Reform immerhin 80 neue feste Stellen notwendig, vorgesehen seien aber nur 25 landesweit. § 10 regelt die geänderte Rolle der Lehrbeauftragten, während § 36 weiterhin unverändert alle Einsatzformen von Lehrbeauftragten ermöglicht. Wenn es das Ministerium mit einer personalfreundlichen Umwandlung ernst meine, so Erik Otto, müsse es gerade diesen § 36 ändern. Auch eine Gender-relevante Folge wird es geben: Wenn nur noch 30 % des Gesamtlehrdeputats von Lehrbeauftragten gegeben werden sollen und ein Großteil dieser seine Verträge verliert, wird dies das Geschlechterverhältnis in den Gremien verändern. Darauf wies Kirsten Pinkvoss von der Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen hin. Denn die Zahl der Frauen unter den Lehrbeauftragten ist sehr hoch.
Thomas Grosse räumte als Sprecher der Landesrektorenkonferenz der Kunst- und Musikhochschulen ebenso wie Jörn Hohenhaus als Sprecher der Kanzlerinnen und Kanzler ein, dass die Hochschulen keine einheitliche Meinung zur Frage der Lehrbeauftragten in der Gesetzesreform haben. In seiner Gänze würde der Entwurf hingegen die Zustimmung der Hochschulen finden.
rvz, 25.1.2021