330.000 Menschen kamen im vergangenen Jahr nach NRW, 230.000 davon blieben. Für sie gilt es, eine Zukunft zu schaffen, und dazu haben die nordrhein-westfälischen Regierungsfraktionen ein Eckpunktepapier eines Integrationsplans vorgelegt. Im Mittelpunkt des Plans stehen zwei gesellschaftliche Ziele: die Integration der Asylberechtigten und der Asylsuchenden mit Bleibeperspektive sowie die Sicherung des sozialen Friedens und gesellschaftlichen Zusammenhalts in NRW. Alle Ministerien sollen an dem Integrationsplan für NRW beteiligt werden, auch das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW.
Das Eckpunktekonzept für den Integrationsplan legt Handlungsfelder fest und beschreibt erforderliche Maßnahmen. Das Handlungsfeld „Zusammenleben im Quartier und in der Gesellschaft“ weist auch den Einrichtungen und Initiativen des Kulturlebens eine wesentliche Rolle bei der Bewältigung der Integrationsaufgaben zu. Den Zugang zu Angeboten von Kunst und Kultur und zumal der kulturellen Bildung müssen alle Einrichtungen und Akteure ermöglichen. Die Breiten- und Laienkultur soll ausgebaut werden, um Teilhabe zu ermöglichen.
Am 3. Mai lud der Ausschuss für Kultur und Medien des Landtags Sachverständige zum Integrationsplan für NRW. In der Anhörung sprachen Robert v. Zahn (Landesmusikrat NRW), Rainer Bode, Julia Dill und Jochen Molck (LAG Soziokulturelle Zentren), wobei v. Zahn und Bode auch den Kulturrat NRW vertraten, Harald Pilzner (Stadtbibliothek Bielefeld), Susanne Keuchel (Akademie Remscheid) sowie vier Sachverständige für den Sektor Medien. Das Eckpunktepapier begrüßten alle Sachverständigen, sie schlugen Ergänzungen, auch Änderungen, vor und gewichteten Teile des Vorhabens aufgrund eigener Erfahrungen.
Robert v. Zahn wies auf den Wert des Singens im Zuge der Sprachförderung hin. Das Singen von Liedern fördere die selbstverständliche Nutzung der Sprache und internalisiere Aussprache und erlernte Satzbildungen. Er wies auf die über 2.000 Chöre des Chorverbands NRW hin, deren ehrenamtliches Engagement hier ein wichtiges Pfund darstelle. Die Präsidentin des Verbands Regina van Dinther, die als Abgeordnete im Ausschuss sitzt, bestätigte die Bereitschaft des Verbands und schilderte dessen Weg zur interkulturellen Arbeit. v. Zahn hob zudem das Engagement der 160 öffentlichen Musikschulen hervor, von denen viele schon seit dem vergangenen Jahr mit Flüchtlingen arbeiten. Hier könnten aufsuchende Eltern-Kind-Angebote noch im Plan ergänzt werden und die öffentliche Musikschule als „Lernraum“ der Integration definiert werden.
Rainer Bode führte aus, dass sich die Soziokulturellen Zentren in NRW der Herausforderung stellten. Niedrigschwellige Begegnungsangebote, Räume für Vernetzungstreffen, regionale Flüchtlingsberatung und kulturpädagogische Projekte mit Migranten können sie seit je in die Arbeit einbringen. Die Landesregierung möge beachten, dass es bei der Integrationsarbeit auch um eine Verteilung von Geldern und um Konkurrenzen gehe. Es bestehe die Gefahr, dass erfahrene und seit langem erprobte Projektakteure sowie langfristige psychosoziale und rechtliche Unterstützungsangebote an den Rand gedrängt würden.
Seitens des Kulturrats NRW schlugen v. Zahn und Bode vor, dass im Handlungsfeld „Zugang zu Kultur und Medien“ die grundsätzliche Feststellung ergänzt werden sollte, dass NRW jedem Menschen die kulturelle Artikulation ermöglichen müsse. Sie diene diesem zur Selbstversicherung seiner Identität und ohne diese Selbstversicherung könne Integration nicht gelingen. Angebote aus allen Kultursparten müssten diese Artikulation ermöglichen und die Koordinatoren der Flüchtlingshilfe vor Ort müssten diese Angebote mit einbeziehen.
Harald Pilzner wies auf das breit aufgestellte Angebot der Bibliothek hin: Mehrsprachige Medien, Vorlese- und Arbeitsgruppen, Internetarbeitsplätze, kostenloses WLAN, Sprachlern- und Dialoggruppen und mehr bringen sie in die Integrationsarbeit ein. Die Bibliotheken müssten dafür aber personell adäquat ausgestattet werden. Die Bestände müssten großflächig an den Bedarf der neuen Klientel angepasst oder erweitert werden. Zudem sollten neue Raumkonzepte entwickelt und erprobt werden.
Susanne Keuchel von der Akademie Remscheid wies u.a. auf die besondere Bedeutung der Medienkompetenz hin, die in der Integrationsarbeit vermittelt werden müsste. Für die Menschen vieler Herkunftskulturen seien die Dichte und Vielfalt der medialen Berichterstattung und die Impulse der sozialen Netzwerke sonst eine Überforderung.