Die Kirchenbänke hatten die ehrwürdige Kreuzkirche in Bonn verlassen, als die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach nicht nur musikalisch, sondern auch in einer Inszenierung aufgeführt wurde. Tänzer, Schauspieler, Musiker und Sänger agierten auf und in einer großen Rundbühne, aus deren Mitte heraus das Orchester der Kreuzkirche spielte.
Kantorin Karin Freist-Wissing dirigierte die Aufführung mit weißen Handschuhen, deren markige Akzente bei zunehmender Dunkelheit gut zu sehen waren – auch auf Monitoren, die den Sängern, die in den Raum hinein szenisch agierten, das Dirigat anzeigten. Die fünf Aufführungen der Leiden Jesu sollten auch kirchenskeptische Kulturinteressierte in die Kreuzkirche locken, und zumindest am Abend des 10. April hatte man den Eindruck, dass dieses gelang.
Die Tänzer und Sänger spielten die Passionshandlung nicht nur im Sinne einer Wahrnehmungs-Verdopplung nach, sondern erweiterten und reflektierten sie. Ein Tanz-Ensemble von Lina do Carmo bot dabei vor allem eine poetische Reflexionsebene. Das Publikum geriet mitten ins Geschehen, die Sänger bewegten sich in den Reihen der Besucher, der Chor sang teils von allen Seiten, teils in geschlossener Form als Akteur der Passion, teils als sich bewegende Phalanx von Interpreten.
Auch die Solisten – Theresa Nelles (Sopran), Charlotte Quadt (Maria Magdalena), Thomas Klose (Evangelist), Sebastian Kohlhepp (Petrus), Erik Sohn (Jesus), Christian Palm (Pilatus) u.a. – wurden zu expressiven Protagonisten der Passion. Thomas Klose gestaltete die Rezitative wahrhaft erzählend und bezwingend - seine Interpretation und die visuellen Deutungen sorgten dafür, dass die Rezitative in der Wahrnehmung in den Vordergrund der Passion rückten.
Die fünf Aufführungen wurden vom Landesmusikrat NRW und vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW gefördert sowie von der Volksbank Bonn Rhein-Sieg und mehreren rheinischen Unternehmen unterstützt.
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Foto: Szene mit Erik Sohn und Tänzern. Foto: Kreuzkirche (Markus Kiefer)