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Das Wetter ist der Schlüssel: Die Konzertreihe "Stationen: Neue Musik aus NRW" gastierte in Köln

Ein Konzert mit Neuer Musik mitten in Köln am Abend des 11.11. anzusetzen – das setzt großes Vertrauen in die Treue der Neue-Musik-Szene voraus. Und in der Tat war der Konzertsaal der Alten Feuerwache am Montagabend gar nicht schlecht besucht, als das sechsköpfige Blechbläser-Ensemble der nordrhein-westfälischen Gesellschaften für Neue Musik antrat. Nur die Schülerinnen und Schüler, die in schulischen Vermittlungsprojekten mit dem Konzertprogramm vertraut gemacht wurden, gingen im Karnevalstrubel der Innenstadt verloren. Achselzuckend kam die gymnasiale Musiklehrerin allein und entschuldigte ihre Klasse, die auf den Whats-App-Verteiler ab dem späten Nachmittag nicht mehr reagierte.

Dabei waren die Rückmeldungen aus den Schulprojekten bei dieser Stationen-Konzertreihe besonders gut. Es gehört zum Konzept der Reihe, die der Landesmusikrat NRW und sein Arbeitskreis der Neue-Musik-Gesellschaften alle zwei Jahre ausrichten, dass die Musiker’innen des jeweiligen Ensembles während der Probenzeit Schulklassen besuchen und die Musik vorstellen. Dazu gibt es aufwändige Arbeitshefte, die die Kompositionen und Komponist’innen vorstellen. In Münster, Aachen, Bielefeld und Essen waren die Rückmeldungen sehr positiv, doch in Köln war die Sessionseröffnung stärker.

Das Programm bot viel: Sechs Kompositionen der Gegenwart für Blechbläser, darunter zwei Uraufführungen. Vivan Bhatti schrieb sein „Stationen – Positionen“ für Trompete, Posaune bzw. Euphonium und Tuba für den Landesmusikrat. Der Bielefelder Komponist verknüpft Musikalisierungen verschiedener Orte, Bewegungen und Haltungen in seinem Werk zu einer klingenden Reise, die offenbar immer weiter geht, nur klinkt sich der Ausschnitt, den das Publikum erlebt, irgendwann aus. Egbert Hiller hat das Konzept in einem lesenswerten Programmheftbeitrag eindringlich beschrieben.

Die koreanische und nach Deutschland übergesiedelte Komponistin Sowon Yun beschäftigt sich mit Smalltalk. Der Beginn eines Gesprächs mit einem unwichtigen Thema führt die Menschen zunächst oberflächlich und irgendwann vertieft zueinander. Durch Smalltalk wird der Mensch zu einem sozialen, kommunizierenden Wesen, sagt die Komponistin auch aus ihrer eigenen Situation heraus. Also spinnt sie eine musikalische Kommunikation, ausgehend von unscheinbaren Themen, in eine immer stärkere Verdichtung aus. „Das Wetter war der Schlüssel, um mit Fremden ins Gespräch zu kommen“, las sie einst in einem Buch, und der Satz ließ sie nicht mehr los, bis sie ihn musikalisch für zwei Trompeten, Horn, Posaune, Euphonium und Tuba übersetzte und das Werk so betitelte.

Dazu gibt es Repertoire-Werke von Witold Lutoslawski, Milca Djordjevic, Luciano Berio und Wolfgang Rihm. Christopher Brigham (Horn), Michiko Sugizaki (Trompete), Christian Sharpe (Trompete), Shawn Grocott (Posaune), Yoshiki Matsuura (Euphonium und Posaune) und Jan Termath (Tuba) bildeten das Ensemble, das die Werke mit Spielfreude und Akkuratesse auslotete. Tamon Yashida von der Gesellschaft für Neue Musik Ruhr war maßgeblicher Koordinator des Programms und des Ensembles, Albrecht Zummach von der Gesellschaft für Neue Musik Köln koordinierte das gesamte Projekt.

Für die pädagogisch mustergültig erarbeiteten Schulhefte sorgten Johanna Daske von der Gesellschaft für zeitgenössische Musik Aachen und Hanna Fink von der Gesellschaft für Neue Musik Ruhr. Die Veranstaltung des Landesmusikrats wurde von den Gesellschaften in Münster, Aachen, Köln, Bielefeld und Ruhrgebiet mitgetragen und den Kulturämtern in den fünf Städten unterstützt und hauptsächlich aus Mitteln des Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW gefördert.

Heute Abend (12.11., 20 Uhr) im Theaterhaus Bielefeld und am Donnerstagabend (14.11., 19:30 Uhr) in Szene 10 – Bühne im Girardet Essen.

rvz

Fotos: Christian Sharpe, Jan Termath, Christopher Brigham, Yoshiki Matsuura, Shawn Grocott und Michiko Sugizaki am 11. November 2024 in der Alten Feuerwache Kölns; Michiko Sugizaki, Shawn Grocott, Christopher Brigham, Jan Termath und Christian Sharpe; Fotos: LMR NRW.