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Der Landesmusikrat NRW trauert um Gerhart Baum

Mit Gerhart Baum verliert das Kulturleben und insbesondere das Musikleben in Deutschland einen unermüdlichen Streiter. Sein Engagement, sein weitreichendes Netzwerk und seine Fähigkeit, auch eher politikferne Kulturschaffende zu Initiativen für das kulturelle Leben zu motivieren, haben sich für einen wichtigen Teil der kulturellen Infrastruktur in Deutschland und insbesondere für die freie Musikszene in Nordrhein-Westfalen als segensreich erwiesen.

Von 2005 bis 2023 engagierte sich Baum als Vorsitzender des Kulturrats NRW. Seine Themen waren vor allem die Freiheit der Kunst, die soziale Absicherung der Künstlerinnen und Künstler und der Kulturauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den er stets als Garant für Meinungspluralität und Demokratiestärkung unterstützte. Der Landesmusikrat NRW zeichnete Baum am 10. September 2012 für seine Verdienste um das Musikleben in Nordrhein-Westfalen mit der Silbernen Stimmgabel des Landesmusikrates Nordrhein-Westfalen aus.

Unter den musikalischen Genres galt sein Engagement vor allem der Avantgarde und der zeitgenössischen Musik. Als Stammgäste der Donaueschinger Musiktage empfingen er und seine Frau Renate Liesmann-Baum, frühere Musikreferentin der Stadt Köln, regelmäßig herausragende Komponistinnen und Komponisten in ihrem Haus. Baum ist Träger der Ehrennadel des Deutschen Komponistenverbandes. 2013 wurde Baum zum dritten Ehrenmitglied der Kulturpolitischen Gesellschaft (KuPoGe) ernannt. 2019 ehrte ihn der Deutsche Kulturrat mit dem Preis für Kulturpolitik.

Wer sich fragte, woher Baum neben seinem unermüdlichen Einsatz für Menschenrechte auf der ganzen Welt, für Friedensbemühungen im Kongo und in anderen internationalen Konflikten sowie für liberale Grundwerte die Zeit für sein Engagement für Kunst und Kultur nahm, kam nach Ausbruch der Pandemie aus dem Staunen nicht mehr heraus. Als Vorsitzender des Kulturrats NRW rief Baum seine Vorstandsmitglieder ab März 2020 zu wöchentlichen Präsenz- und digitalen Sitzungen zusammen, stritt im Ausschuss für Kultur und Medien des Landtags NRW für Corona-Hilfsprogramme für Künstlerinnen und Künstler und initiierte Informationsbriefe für die Kulturszene. 

Er hatte die Möglichkeit, direkt mit den zuständigen Ministerinnen und Ministern zu verhandeln und nutzte sie. So half er dem nordrhein-westfälischen Kulturleben durch die Pandemie und formte nebenbei aus dem zuvor eher sporadisch agierenden Netzwerk Kulturrat NRW eine geschlossene, sich regelmäßig abstimmende Interessenvertretung und Beratungsinstanz.

Nach Abklingen der Pandemie galt sein Interesse dem Versuch, in allen Bundesländern Kulturräte zusammenzuführen - ein Vorhaben, das nur zur Hälfte gelungen ist. Seine Vision war eine Vertretung der Kulturszene in den Bundesländern als Gegengewicht zur Kultusministerkonferenz. 

Darüber hinaus setzte er sich für die Stärkung der pluralistischen Berichterstattung der ARD ein und vertrat mit Nachdruck kulturelle Interessen in den Gremien des Rundfunks. Die Mitglieder des WDR-Rundfunkrats trieb er mit knorrigen Redebeiträgen durch die stundenlangen Ratssitzungen. Dass die Grundrechte bei ihm immer oberste Priorität hatten, zeigte sich besonders in seinen Auftritten bei den Jubiläumsveranstaltungen 75 Jahre Grundgesetz der Bundesrepublik im Jahr 2024.

Im Juli 2023 ehrte Bundespräsident Steinmeier Baum mit dem Bundesverdienstkreuz mit Stern und stellte unter anderem fest: „Als Innenminister hatten Sie ein riesiges Ressort - Sie waren qua Amt auch für Kultur und Umwelt zuständig, und beide Themen haben Sie mit einer aus heutiger Sicht bemerkenswerten Weitsicht und großer Leidenschaft bearbeitet.“ Diese Leidenschaft hat ihn bis zu seinem Tod nicht verlassen. Die Mitglieder des Präsidiums des Landesmusikrates, die Delegierten der Mitgliedsverbände und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle werden das Engagement von Gerhard Baum nicht vergessen.

 Christine Siegert und Robert v. Zahn

Foto: Bundespräsident Walter Steinmeier ehrt Gerhart Baum im Juli 2023 mit dem Bundesverdienstkreuz mit Stern © Renate Liesmann-Baum, Köln.