Die „Passion and Resurrection“ des lettischen Komponisten Ēriks Ešenvalds ist im April bereits in Vancouver und in Princeton aufgeführt worden. Zur Deutschen Erstaufführung reiste der Komponist nach Köln, um sein Werk durch den Figuralchor Köln, das Neue Rheinische Kammerorchester und die Sopranistin Susanna Martin unter Leitung von Richard Mailänder zu erleben. Und schon wenige Tage später iwrd Ešenvalds eine Aufführung des Werks an der Yale University betreuen – der 37-jährige Lette ist zwar vielen hiesigen Musikfreunden nicht bekannt, zählt aber international zu den gefragten Komponisten vokaler Werke.
Richard Mailänder hat in seiner Reihe „Festa Paschalia“ schon so manchen Repertoire-Schatz an die Öffentlichkeit gebracht, im vergangenen Jahr war es das Osteroratorium von Paweł Łukaszewski und in diesem also eine lettische Passion von 2005. Ešenvalds arbeitet mit räumlich und musikalisch getrennten Klanggruppen, die er teils abwechselnd, teils miteinander, teils gegeneinander agieren lässt: Großer Chor im Altarraum, kleiner Chor im Rücken des Publikums, dazu Orchester sowie die Solistin fast zwischen Hörern. Konsonante und lyrische Chorsätze werden von dissonanten Orchesterpartien unterhöhlt, hell tönende, narrative Sopran-Soli werden vom großen Chor mit Partien aufgefangen, die weniger durch Melodien, als durch modulierende Akkordreihungen einnehmen – alles ist der Ausdeutung von Szenen aus dem Alten Testament, aus der byzantinischen Liturgie und aus den Evangelien geschuldet.
Zerlegt man die Musik in ihre einzelnen Abschnitte, könnte man den Eindruck gewinnen, einem historischen Eklektizismus beizuwohnen. Manches gemahnt an die Polyphonie der Niederländer des 16. Jahrhunderts, manches an die europäische Romantik, manches an avantgardistische Erscheinungen des 20. Jahrhunderts. Doch alles vereint sich zu einer homogenen Gesamtform mit einer zu Allen sprechenden Botschaft.
Der Figuralchor Köln und das Neue Rheinische Kammerorchester machten sich das Werk mit hörbarer Begeisterung zu eigen, Susanna Martin lotete ausdrucksstark die Facetten der Botschaft in ihren Partien aus, Richard Mailänder hielt die weit voneinander entfernten Klanggruppen mit unerbittlicher Präzision zusammen.
Bachs Kantate „Christ lag in Todesbanden“ sowie sein „Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ“ und Rheinbergers „Bleib bei uns, denn es will Abend werden“ standen der Passion im Programm zur Seite. Ina Siedlaczek, Anne Bierwirth, Manuel König und Thilo Dahlmann führten hier die Soli mit nicht minderer Verve aus.
Das Konzert wurde vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW und dem Landesmusikrat NRW sowie der Künstlerunion Köln gefördert.
rvz
Foto: Richard Mailänder und Ēriks Ešenvalds vor St. Pantaleon in Köln. Foto: LMR NRW.