Zum ersten Mal seit seiner Gründung 2006 begab sich das Ensemble „SPLASH – Perkussion NRW“ Ende September auf eine wirklich große Reise. Auf Einladung der Universidad de Sao Paulo und möglich gemacht durch die Förderung des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen und das Goethe-Institut trat das Ensemble aus zehn hoch begabten jungen Schlagzeugerinnen und Schlagzeugern und seinen Leitern Ralf Holtschneider und Stephan Froleyks beim renommierten Festival „Música Nova Gilberto Mendes“ in Sao Paulo und Ribeirao Preto auf.
Nun ist ein solches Unterfangen mit einem Schlagzeugensemble logistisch etwas schwieriger zu gestalten als zum Beispiel die Reise eines Chors. Deshalb hatte sich die künstlerische Leitung ein Programm einfallen lassen, das bewusst minimalistisch angelegt war: Bodypercussion ging ganz ohne Instrumente, die Gerätschaften für Nikolaus A. Hubers „Clash Music“ passen in die Jackentasche und auch der erste Teil von Steve Reichs „Drumming“ verlangte lediglich vier Paar Bongos. Es ging aber noch weiter: Das Publikum fragte sich wohl die ganze Zeit, was denn wohl der sorgsam bis chaotisch aufgeschichtete Berg Reisekoffer auf der Bühne zu bedeuten habe. Die Antwort kam am Ende der Konzerte, als die zehn Jugendlichen – drei Mädchen, sieben Jungs – „Boxing Day“ von Wolfgang Reifeneder auf genau diesen Koffern trommelten. Anschließend wurde alles Mitgebrachte darin verpackt und die jungen Künstlerinnen und Künstler verließen mit Koffern in der Hand unter dem Applaus des Publikums die Bühne.
Aber es ging auch anders: Beim Konzert in der Universidad Estadual de Sao Paulo konnte aus dem Vollen geschöpft werden, verfügt dieses renommierte Institut doch über eine voll ausgestattete Schlagzeugabteilung. Besonders eindrucksvoll erklang im Saal dieses Instituts Steve Reichs „Six Marimbas“.
Eine Reise nach Brasilien geht aber nicht ohne die Berührung mit Samba-Rhythmen, besonders wenn man Schlagzeuger ist. Daher erhielt SPLASH die Gelegenheit, in zwei Workshops mit professionellen Sambamusikern und -lehrern zu erfahren, welche Kunstfertigkeit, welches Rhythmus- und Körpergefühl mit dieser Musik einhergeht. Am Ende konnte sich niemand mehr auf den Stühlen halten – Sambaparty eben.
Eine ganz andere Seite des faszinierenden Gastlandes konnte in der „Casa do Zezinho“, auch in Sao Paulo, erfahren werden: In dieser privat finanzierten sozialen Einrichtung für Kinder und Jugendliche aus Armenvierteln schlug den Jugendlichen so viel Sympathie, Lebensfreude, rhythmische Urkraft und Talent zum Trommeln entgegen, dass das dort gegebene kleine Konzert von den Teilnehmenden als das beste der ganzen Reise bezeichnet wurde. SPLASH zeigte, was es kann, die „Zezinhos“ zeigten ihre Tänze, trommelten ihre Rhythmen und dass das am Ende in eine große gemeinsame Samba münden würde, war ohnehin klar.
Anfang Oktober kehrten die Ensemblemitglieder wieder heim, obwohl der eine oder andere am liebsten ganz in Brasilien geblieben wäre.
(Michael Bender)
Foto: SPLASH im Teatro Maria de Lourdes Sekeff, Staatliche Universität von Sao Paulo, v.l.n.r.:Jan Lange, Fabian Schöttler, Julia Degenhardt, Charlotte Hahn, Jannis Günnel, Philipp Brendt, Juliane Geisler, Sebastian Gokus, Malte Golombek, Richard Münchhoff. Foto: Ralf Holtschneider