Die Arbeitsgemeinschaft der nordrhein-westfälischen Verbände für Musik in Beruf, Medien und Wirtschaft des Landesmusikrats NRW fordert von den TTIP-Verhandlungsführern der Europäischen Union, dass sie zum Schutz des europäischen Kulturguts in seiner ganzen Breite eine „exception culturelle“ im geplanten Freihandelsabkommen zwischen EU und USA einräumen. Und sie fordert von der Bundesregierung, weiterhin in entsprechender Weise auf die Verhandlungsführer der Europäischen Union einzuwirken. Die Arbeitsgemeinschaft bezieht sich dabei auf Kulturstaatsministerin Monika Grütters und ihre Rede vor dem Kulturausschuss des Deutschen Bundestages vom 12. März 2014: Monika Grütters plädierte für die Aufnahme einer entsprechenden Generalklausel in das Abkommen. Es müsse sichergestellt werden, dass der Abbau von Handelshemmnissen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten nicht dazu führt, dass der besondere Schutz für kulturelle Güter in Deutschland ausgehebelt werde.
In der Tat ist Kultur mehr als ein Wirtschaftsgut. Kultur und insbesondere künstlerische Arbeit brauchen vielmehr regulatorischen Schutz, um die Vielfalt der Kulturen in Europa künftig zu sichern. Für das Kulturleben ist es erforderlich, dass Bund, Länder und Kommunen kulturelle Einrichtungen, wie Orchester, Theater, Spielstätten und Soziokulturelle Zentren, finanziell tragen sowie künstlerische Produktionen fördern und dass der Staat den Bereich des öffentlichen Rundfunks durch Abgaben fördert. Auf diesen Sektoren darf keine Deregulierung durch ein Freihandelsabkommen erzwungen werden können, zumal auch eine Qualitätsminderung der Inhalte und Formate unvermeidliche Folge wäre.
Der Wert künstlerischer Produktionen muss sich auch weiterhin an Kriterien wie Eigenständigkeit und Qualität bemessen lassen. Das Ausliefern an den freien Markt würde Quoten und Verkaufszahlen in den Vordergrund rücken und die kulturellen Artikulationsmöglichkeiten der Bevölkerung in ihrer Vielfalt mindern. Auch sind die europäischen urheberrechtlichen Standards wesentliche wirtschaftliche Grundlage für die Arbeit der künstlerisch Kreativen. Daher sind sie zu schützen.
Tatsächlich aber haben die Verhandlungsführer der Europäischen Union bei der Aufnahme der Verhandlungen mit den USA 2013 keine Vorbedingung für eine Ausnahmestellung von Kunst und Kultur gestellt. Die Arbeitsgemeinschaft des Landesmusikrats NRW fordert die Bundesregierung auf, bei der Europäischen Union einen entsprechenden Ausnahmerang für Kunst, Kultur und Kulturwirtschaft nachzuverhandeln. Zudem müssen die Verhandlungen in allen Bereichen transparent geführt werden. Die Arbeitsgemeinschaft der Verbände sieht die "UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen" als unverzichtbare Grundlage kulturellen Handelns an, die nicht durch andere Abkommen eingeschränkt werden darf.
Köln, im April 2014
Prof. Dr. Werner Lohmann für das Präsidium des Landesmusikrats NRW
André Sebald und Matthias Hornschuh für die federführende Arbeitsgemeinschaft der Verbände für Musik in Beruf, Medien und Wirtschaft des Landesmusikrats NRW