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Kick-off-Konferenz von "create music" im Ringlokschuppen Bielefeld

450 Musikerinnen und Musiker, Veranstalter, Kulturorganisatoren und Pop-Interessierte trafen sich am 30. November im Bielefelder Ringlokschuppen zu einem Vernetzungs-, Beratungs- und Musiktreffen. Die „Kick-off“-Veranstaltung von „create music“ folgte der selbst gestellten Aufgabe dieses Projekts, die Musikszene in Westfalen-Lippe sichtbar zu machen und zu fördern. Die LWL-Kulturstiftung, die Regionale Kulturpolitik des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW, das Kultursekretariat Gütersloh und die Landesmusikakademie NRW unterhalten ein Projektbüro in Heek, das die Bielefelder Veranstaltung und vor ihr bereits fünf etwas kleinere Visionskonferenzen ausrichtete.

"create music" fördert nun auch Popprojekte in Westfalen und hat dazu formalisierte Anträge und Verwendungsnachweisvorgaben entwickelt. Den Fördermöglichkeiten galt das besondere Interesse der Besucher. Das Team um Yao Houphouet kann auch auf freie Mitarbeiter in mehreren Regionalen Stützpunkten zählen. Und auf Vorarbeiten durch das Projekt „Create Music OWL“, welches das Kultursekretariat Gütersloh mit mehreren Partnern über mehrere Jahre betrieben hat.

Dem zollte Yao Houphouet Tribut, in dem er eingangs eine Runde von Akteuren auf der Bühne versammelte, die teils mit beiden Projekten verbunden sind: Walter Neuling von der Bezirksregierung Detmold, Barbara Rüschow-Thale von der LWL-Kulturstiftung, Antje Valentin von der Landesmusikakademie NRW, Carsten Nolte vom Bunker Ulmenwall Bielefeld, Stephan Hinz (H-BlockX) und Tim Schwerdter (Cro).

Deutlich wurden verschiedene Einflugschneisen der Initiatoren in Richtung Pop und Kultur in Westfalen. Als Yao Houphouet Barbara Rüschow-Thale berichtete, dass viele westfälische Popmusiker sich überrascht gezeigt hätten, dass sie jetzt Objekt der Kulturförderung werden könnten, bekannte diese sich zu einem „weiten Kulturbegriff“, zu dem auch der Pop gehöre. Walter Neuling hingegen, nach seiner Vision zu „Create Music“ befragt, postulierte, dass Politik und Gesellschaft Popmusik als „elementaren Bestandteil der Kultur“ sehen müssten.

Wenn sich so verschiedene Positionierungen von Pop in der Welt von Kunst und Kultur zeigten, so herrschte Einigkeit in der Ablehnung des Vorurteils, dass Pop ein wirtschaftlich selbst tragendes Genre sei. Vernetzung, Professionalisierung und direkte finanzielle Förderungen sind probate Mittel. Dass die Vernetzung der Pop-Akteure dabei nur eine Ebene in einem Geflecht von Netzwerken sein kann, legte Antje Valentin seitens der Landesmusikakademie dar.

Welche Musik fördert „Create music“ und wie sind die formalen Abläufe für Antragsteller? Darüber informierte nicht nur ein Projektstand von „create music“, sondern darüber referierten auch Yao Houphouet und David Möllmann (Münsterbandnetzwerk). Der Name „create music“ ist durchaus wörtlich zu verstehen, es geht um kreative Eigenleistungen. Coverbands brauchen bei den Förderern nicht vorstellig zu werden. Auch Jazzer nicht, denn die Projektverantwortlichen zählen den Jazz zusammen mit Orchester- und Neuer Musik nicht zur populären Musik. Im Fokus stehen jungen Pop- und Rockbands, deren Musiker zwischen 14 und 30 Jahre alt sind. Das Interesse gilt aber auch allen Projekten, die die Situation der Popmusik in Westfalen verbessern, ausgenommen die kommerziell orientierten. Da wird mancher Balance-Akt auf die Jurys zukommen.

In Seitenräumen des Ringlokschuppens boten Experten Workshops zur Professionalisierung an, von denen je fünf gleichzeitig liefen. Dicht umlagert war ein „Proberaum-Coaching“ der Erfolgs-Band „Luxuslärm“, aber auch bei Ernst Meihöfers Workshop zu „Proberaumkonzepten in OWL“ (mit Alexander Stockmann), bei Frank Dietrichs und Florian Böhlendorfs Information über „Booking“, Tobias Schütters und Tim Schwerdters Workshop zum „Homerecording“, André Lapehns Systematisierung von „Bands im Social Web“, Markus Kauerts Unterweisung in „Videoproduktionen“, Moritz Sauers Workshop im „Digitalen Marketing“, Hendrik Wippermanns Ausführungen über „Event Management“ sowie Frank Oldengotts und Simon Dyes Workshop zur Bühnenperformance saßen viele Teilnehmer auf dem Boden. Die Grundtendenz der Workshops war eine praxisbezogene Darlegung aller Möglichkeiten. Trendbegriffe wurden relativiert, vieles geradezu entmystifiziert zugunsten realistisch wahrnehmbarer Optionen.

Zwei Vorträge in der „Kleinen Halle“ waren besonders gut besucht: „Musikrecht“ von Frank Bauchrowitz, eine ausgezeichnete Darlegung der Rahmenbedingungen des Auftretens, die nebenbei eine bodennahe Gebrauchsanleitung enthielt, wie man Honorarverhandlungen führt, und „Professionalisierung in der Musikszene“ von Thomas Schmittberger, der sich vor allem der Frage widmete, wie man zu Auftritten kommt. Auch Schmittbergers Rezepte zeichneten sich durch eine erfrischende Nüchternheit aus. Er mahnte die permanente Eigeninitiative unter dem Motto „hartnäckig sein, aber nicht nerven“ an. Man müsse es im Umgang mit Bookern und Clubs als natürlich ansehen, dass grundsätzlich niemand zurückrufe. Und man müsse auf manchen Deal an der Grenze zur Ehrenrührigkeit gefasst sein. Eine Grenze sah Schmittberger beim „pay to play“, wie es zum Beispiel in Kölner Clubs immer üblicher werde. Unter seinen praktischen Regeln im Umgang mit Clubs fand sich die Weisung: „Niemals Siezen.“

In der Mitte des Ringlokschuppens lud eine Messe zum Kennenlernen von Dienstleistern, Multiplikatoren und Initiativen ein. Ein Produktionsteam bot die Filmdokumentation von Auftritten an, logistische Offerten standen neben Promotionsfachleuten, Berater für die Kreativwirtschaft neben Multiplikatoren, die für kulturelles Engagement in Westfalen werben. Mitunter kollidierten die Fachgespräche akustisch mit Auftritten auf der Konzertbühne im selben Saal, auf der sich u.a. die Singer/Songwriterin Kristin Shey mit einfühlsamen Songs und, deutlich offensiver, die Band „Of Waste and Whine“ präsentierten.

Der Abend gehörte dann fast ganz der Musik: "Luxuslärm" begeisterte im Ringlokschuppen, das TV-Unternehmen „Kanal 21“ lud zu gleich vier Band-Auftritten in die Halle 12 – „Spluff“, „Niemand“, „Wir, wie Giganten“ und „Catfish“ – und der Bunker Ulmenwall bot in einer Session eine experimentelle Haustruppe um Joel Köhn und Alex Lipan auf. So wurde der „kick off“ von „create music“ zu einer geglückten Verbindung von Professionalisierungsveranstaltung, Forum des Austauschs, Messe und Musikfestival. Die Zahl von 450 Besuchern bedeutete eine Bestätigung des Konzepts.

rvz

Fotos: Die Band "Of Waste and Wine" im Rahmenprogramm von "create music"; Carsten Nolte (Bunker Ulmenwall Bielefeld), Stephan Hinz (H-BlockX) und Tim Schwerdter (Cro), Yao Houphout (create music), Walter Neuling (Bezirksregierung Detmold), Barbara Rüschow-Thale (LWL-Kulturstiftung) und Antje Valentin (Landesmusikakademie NRW); Frank Bauchrowitz referiert über "Musikrecht"; Vortrag von Thomas Schmittberger am 30.11.13 im Ringlokschuppen Bielefeld. Fotos: LMR NRW.