Das geplante Kulturfördergesetz für Nordrhein-Westfalen stand im Mittelpunkt eines Kulturpolitischen Forums in der Landesmusikakademie NRW. Am 7. Dezember diskutierten Dr. Fritz Behrens, Vorsitzender des Kulturausschusses des nordrhein-westfälischen Landtags; Kurt Eichler, Leiter der Kulturbetriebe der Stadt Dortmund; Volker Gerland, Vorsitzender des Landesverbands der Musikschulen in NRW; Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg, MdL, und André Sebald, Vizepräsident des Landesmusikrats NRW und Soloflötist des Gürzenich-Orchesters Köln, über den Sinn und die Auswirkungen des Gesetzesvorhabens. Michael Köhler moderierte das Gespräch, das von WDR3 aufgezeichnet wurde und am kommenden Sonntag, 11. Dezember, 19:05, auf WDR3 gesendet werden soll.
Fritz Behrens berichtete, dass der Landtag nun das Kulturministerium beauftragt habe, einen Gesetzesentwurf zu formulieren. Dass Land und Kommunen die Kultur in NRW entwickeln sollen, sei ja schon durch Artikel 18 der Landesverfassung abgedeckt. Gerade jetzt in einer Krisenzeit sei es aber notwendig, dass diese Vorgabe näher ausgearbeitet werde. Thomas Sternberg hingegen sprach sich für einzelne Spartengesetze aus, anknüpfend an das Vorhaben von CDU und FDP in der vergangenen Legislaturperiode, ein Bibliothekengesetz zu erlassen. Das nächste Gesetz könnte danach ein Musikschulgesetz sein, der Komplex Kultur insgesamt sei aber seiner Meinung nach zu groß für ein Gesetz. Deshalb habe die CDU im Kulturausschuss gegen den Auftrag an die Landesregierung gestimmt. Wenn aber später ein überzeugender Textentwurf vorgelegt werde, würde er sich nicht verschließen.
Das hörte Kurt Eichler gerne, der sich ganz entschieden für ein Kulturfördergesetz aussprach. Das Jugendfördergesetz von 2004 habe gezeigt, welche positiven Auswirkungen ein Gesetz haben kann, wenn sein Gegenstand zuvor eine Art „Spielball“ zwischen Land und Kommunen gewesen sei. Das Gesetz müsse Eckpunkte setzen und auch regeln, welche Felder und Sparten mit welcher Priorität gefördert werden. Das erfordere zuvor einen gründlichen Diskurs. Die Fragen zu den Disparitäten in Wahrnehmung und Förderung der Kultureinrichtungen und -sparten müssten in dieser Diskussion geklärt werden. Eine Antwort erfordere auch die Unterversorgung an kultureller Infrastruktur in manchen Randgebieten des Landes.
An diesem Diskurs zeigten sich alle Diskutierenden interessiert, wobei Thomas Sternberg davor warnte, in einer solchen Auseinandersetzung die Kultursparten gegeneinander auszuspielen. Fritz Behrens zeigt sich von Sternbergs Vorschlag, Spartengesetze zu formulieren, nicht überzeugt. Noch vor wenigen Jahren habe er selbst daran geglaubt, habe aber lernen müssen, dass das Prinzip nicht funktioniere. Für den gesamten Bereich der Kultur müsse eine Verlässlichkeit der Landespolitik in Worte gefasst werden. Ihm sei klar, dass die Kulturpolitik hier Neuland betrete – es gebe kein Vorbild, von dem man abschreiben könne.
André Sebald drückte seine Sorge darüber aus, dass Absolventen der Musikhochschulen vor immer unsichereren Berufsverhältnissen stünden. Der Orchesterbereich würde immer weiter abgebaut und die Probleme in der freien Musikerszene hätten existenzielle Ausmaße angenommen. Auch eine größere gesellschaftliche Akzeptanz der Musiker müsse erreicht werden.
Volker Gerland wies darauf hin, dass allein schon die Diskussionen auf dem Wege zu einem Kulturfördergesetz den Akteuren der Kultur helfen würden, weil die Kultur Rückenwind im finanzpolitischen Umfeld brauche. Für ihn ist das Gesetz in erster Linie eine vorbeugende Maßnahme, die Kultur vor Ort brauche Unterstützung auch im Sinne der Landesprogramme. Ein Programm wie „Jedem Kind ein Instrument“ funktioniere nur dann, wenn kommunale Einrichtungen wie die Musikschulen auch handlungsfähig seien. Das gelte auch für deren Partner in der Laienmusik, für die Musikvereine und Chöre.
Dem schloss sich Fritz Behrens an, der einen Schutzschirm für ein Minimum an Kulturausgaben in den Kommunen erwartet – das stehe auch im Auftrag an das Kulturministerium. Es müsse dabei nicht jede Kleinigkeit geregelt werden, vieles bleibe späteren Ausführungsbestimmungen überlassen. Er wies abschließend darauf hin, dass die Kultur politisch in der Position des Schwachen sei und schon Schiller postulierte, das Gesetz sei der Freund des Schwachen.
rvz
Fotos: André Sebald, Volker Gerland und Fritz Behrens am 7. Dezember 2011 in der Landesmusikakademie NRW (Foto 1), Thomas Sternberg, Kurt Eichler und Michael Köhler (Foto 2). Foto: Thomas Rings, Landesmusikakademie Heek