Selten ist die Bühne des Konzertsaals in der Hochschule für Musik und Tanz Köln dichter gefüllt als in diesen Tagen. Das komplette WDR Sinfonieorchester hat Aufstellung genommen und spielt während dreier Probentage unter Leitung von Titus Engel neue Kompositionen von Sascha Thiele, Joseph Planells, Neil Thomas Smith und Yasutaki Inamori.
Spielt? Es ist mehr als das, es ist ein laborhaftes Erarbeiten der Werke im direkten Dialog mit den Komponisten selbst. Jede Unklarheit in den Notationen wird angesprochen, jedes Abweichen von der eigentlichen Intention der Komponisten wird korrigiert. Für die jungen Künstler ist es eine Idealsituation des unmittelbaren Realisierens ihrer Ideen. Der hoch professionelle Klangkörper des Senders sorgt für ein unmittelbares Feedback und für die Möglichkeit des Feilens am Werk auch in Hinsicht der instrumentalen Möglichkeiten eines Orchesters.
Inamori etwa sieht in seiner Partitur ein klingendes c’’ für die Piccoloflöte vor, ein Ton, den diese nicht bieten kann. Thiele schreibt Trillernoten als kleine, geklammerte Noten neben bzw. unter die Hauptnote, was sich nicht selbst erklärt. Manche Musiker halten sie für Alternativnoten statt für anzutrillernde Noten, zumal dann, wenn letztere einen Tritonus unter der Hauptnote klingen. Günter Steinke, Kompositionsprofessor an der Folkwang-Universität und Lehrer Thieles ist mit dem ersten Durchlauf des Werks am Donnerstag sehr zufrieden.
Thiele selbst ist etwas unsicher, ob er sich dem Orchester vermitteln konnte. Steinke beruhigt ihn: „Der dynamische ‚Range’ kommt in den nächsten Proben von allein. Das brauchst Du nicht zu korrigieren, am Anfang hält sich das gern in der Mitte.“ An bestimmten Stellen der Partitur fühlt er sich in vorheriger Detailkritik an der Arbeit seines Schülers bestätigt, vor allem, als bei einer langsamen Stelle des Werks die Interpretation fast zum Erliegen kommt: „Streich hier doch die Fermaten, da ritardiert sowieso alles, die Fermaten sind dann zuviel.“
Die vier Komponisten sind Sieger eines Kompositionswettbewerbs, den das Kulturradio WDR3, das WDR Sinfonieorchester, der Landesmusikrat NRW und die Hochschule für Musik und Tanz Köln für ihre Werkstatt auslobten. Beworben hatten sich 25 junge Komponistinnen und Komponisten aus ganz Deutschland. Voraussetzung zur Teilnahme war, dass die Bewerber an einer Hochschule in Deutschland immatrikuliert sein mussten. Die ausgewählten Werke werden mit je 1.000 Euro honoriert. Die Jury besteht aus Elena Mendoza, Pierre-Alain Chamot, Titus Engel, Johannes Schöllhorn, André Sebald und Harry Vogt. Die Projektleitung lag seitens des WDR in Händen von Harry Vogt, seitens des Landesmusikrats in Händen von Eva Luise Roth.
Morgen, am Samstag, 16. März 2013, findet um 18 Uhr das Preisträgerkonzert der Orchester-Werkstatt statt. Veranstaltungsort ist der Konzertsaal der Hochschule für Musik und Tanz, Unter Krahnenbäumen 87, 50668 Köln. Der Eintritt ist frei. Die Mitschnitte der Uraufführungen werden auf WDR 3 ausgestrahlt.
Programm:
Sascha Thiele: The best-laid schemes o’ mice an’ men (2012) für Orchester UA
Josep Planells Schiaffino: Variationen (2011) für Orchester UA
Neil Thomas Smith: Habitus (2012) für Orchester UA
Yasutaki Inamori: Unutterable (2012) für Orchester UA
WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung: Titus Engel, Moderation: Martina Seeber
rvz
Foto: Das WDR Sinfonieorchester Köln und Titus Engel proben Sascha Thieles „The best-laid schemes o’ mice an’ men“ am 14. März 2013 im Konzertsaal der Hochschule für Musik und Tanz. Foto: LMR NRW.