Vom 9. bis zum 11. März richteten WDR3, der Landesmusikrat NRW und die Hochschule für Musik und Tanz Köln wieder eine Orchesterwerkstatt für Komponisten aus, die ihre Partituren für Orchester testen möchten. Mit dem WDR Sinfonieorchester steht ihnen dabei ein internationales Spitzenorchester zur Seite, das alle Möglichkeiten der Partituren ausloten kann. Während der Probenphase stehen die Komponisten und die Musikerinnen und Musiker des Sinfonieorchesters im ständigen Austausch: Wie sind spezielle Anweisungen in der Partitur zu verstehen? Wie spiele ich tonlos? Und durch welche dynamischen Anweisungen kommt die angestrebte Klangbalance wirklich zustande? Beide Seiten lernen dazu.
Im Konzertsaal der Hochschule für Musik und Tanz Köln zeigt sich das Orchester dialogfreudig. Die Komponisten thronen über ihren großformatigen Partituren teils in der Mitte der ansteigenden Stuhlreihen, teils stellen sie ihren Notenständer direkt vor das Orchester. In der obersten Sitzreihe sitzen Redakteur Harry Vogt oder auch Kompositionsprofessor Johannes Schöllhorn und die Projektleiterin seitens des Landesmusikrats NRW Eva Luise Roth wie die Herrscher der Manege und hören, wie das skizzierte Werk allmählich akustische Gestalt annimmt.
Eine Jury hat folgende Komponisten für die Werkstatt ausgewählt: Die Kölner Kompositionsstudentin Georgia Koumara probt „Schrödinger’s Cat“ (2014), ihr Studienkollege Saehoon Chung erarbeitet „Abstract Painting“ (2014), der in Berlin studierende italienische Komponist Adriano Gaglianello präsentiert sein Klanggedicht „Once Back“ (2014) und der in Hamburg studierende koreanische Komponist Hyun-Jin Yun die „Colours Variations“ (2014) für Orchester.
Held des Projekts ist der junge valenzianische Dirigent Pablo Rus Broseta, der nach Absage des ursprünglich vorgesehenen Leiters kurzfristig einsprang und sich in kürzester Zeit die neuen Partituren per Dateien am Laptop erarbeiten musste. Er und das WDR Sinfonieorchester haben insgesamt erstaunlich wenige Probleme und nehmen die Partituren im raschen Zugriff. Die Diskussionen drehen sich alle Male um Details, weder die Lesbarkeit noch die Realisierungsfähigkeit sind in Frage gestellt. Und so entstehen die Architekturen der Werke mit jedem Durchgang ausgefeilter und gewinnen immer mehr Zuhörer.
Die Ergebnisse der Werkstatt stellt das WDR Sinfonieorchester am 11. März in einem Konzert in der Kölner Musikhochschule vor. Cornelia Bittmann moderiert den Abend. Sie führt in jede einzelne Komposition ein und schildert insbesondere, vor welchen Fragestellungen die Komponisten standen. In der Konzertmitte bringt sie die vier Komponisten und Dirigent Broseta zum Podiumsgespräch zusammen. Deutlich wird, wie sehr die Komponisten die Möglichkeit des Austestens schätzen und wie sehr sie das Sinfonieorchester des WDR respektieren. Durchaus selbstbewusst verstehen sie sich weniger als Newcomer denn als Vorwärtstreibende der sinfonischen Sprache. Einem solchen Verständnis als Forum zu dienen, kann den drei Veranstaltern der Orchesterwerkstatt nur erstes Anliegen sein.
rvz
Fotos: Adriano Gaglianello (im Bild links vorne) probt sein "Once Back" mit dem WDR Sinfonieorchester unter Leitung von Pablo Rus Broseta. Das WDR-Sinfonieorchester und Broseta während der Werkstatt und während des Konzerts. Im Podiumsgespräch befanden sich Adriano Gaglianello, Hyun-Jin Yun, Pablo Rus Broseta, Cornelia Bittmann, Saehoon Chung und Georgia Koumara, 11, März 2015; Fotos: LMR NRW.