Jugendliche aus bildungsfernen Elternhäusern haben bis zum Ende der Pflichtschulzeit im Schnitt erheblich weniger Zugänge zu Kultureller Bildung und ein deutlich niedrigeres Kulturinteresse als Akademikerkinder. Das ist das zentrale Ergebnis einer bundesweiten repräsentativen Befragung mit dem Titel „Jugend/Kunst/Erfahrung. Horizont 2015“ unter Schülerinnen und Schülern aus 9. und 10. Klassen, die das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) auf Initiative des Rates für Kulturelle Bildung (Essen) durchgeführt hat. Demnach hängen kulturelles Interesse, der Wunsch nach Wissen über Kultur und kulturelle Aktivitäten bei den Heranwachsenden signifikant vom Bildungsgrad der Eltern ab: 74 Prozent der Kinder aus Akademikerhaushalten (mindestens ein Elternteil mit Hochschulabschluss) geben die Eltern als entscheidende Impulsgeber ihres Kulturinteresses an, hingegen nur 33 Prozent aus Elternhäusern mit höchstens mittlerem Schulabschluss.
Weitere Ergebnisse der Studie sind, dass sich kulturinteressierte Schüler auch für viele andere Fächer begeistern und dass Kultur bei Mädchen einen höherer Stellenwert hat als bei Jungen. Ausfallenden Musikunterricht beklagten 55 Prozent der Schülerinnen und Schüler von Sekundarschulen und 41 Prozent von Gymnasien. 29 Prozent der Mädchen und 44 Prozent der Jungen nehmen keine kulturellen Angebote im Nachmittagsbereich wahr. Die Stichprobe umfasste 532 Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klasse allgemeinbildender Schulen bundesweit.
Prof. Dr. Eckart Liebau, Vorsitzender des Rates für Kulturelle Bildung, zu den Befunden:
„Wir haben es mit großen Unterschieden zwischen den Schulformen zu tun, mit kulturellen Bildungsverläufen, die kaum durchbrochen werden können, mit Schulen, die ein Drittel der Kinder gar nicht für Kultur gewinnen, und wir finden in einem Ausmaß tradierte Rollenbilder, wie wir es nicht mehr erwartet hatten. Dass Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Elternhäusern den künstlerischen Vorsprung ihrer Altersgenossen in der Schule aufholen könnten, lassen die Daten nicht erkennen. Der Schwerpunkt der Schulentwicklung liegt bisher nicht in diesen Fächern, eher im Gegenteil. Der bildungspolitische Aufbruch nach dem PISA-Schock hat den künstlerischen Fächern und Angeboten in den Schulen eher geschadet. Wir fordern deshalb mit Nachdruck zum bildungs- und kulturpolitischen Handeln auf: Es darf nicht dabei bleiben, dass im Schulwesen ausgerechnet den benachteiligten Kindern und Jugendlichen das quantitativ schwächste Angebot Kultureller Bildung gemacht wird. Hier ist ein Ausbau vor allem in den Sekundarschulen dringend erforderlich.“
Text der Pressemitteilung unter: <link http: www.rat-kulturelle-bildung.de>rat-kulturelle-bildung.de/Presse
Vollständige Studie unter: <link http: www.rat-kulturelle-bildung.de>rat-kulturelle-bildung.de/Publikationen
Radio-Interview mit Prof. Dr. Eckart Liebau heute um 17:35 Uhr in „Kultur heute“ im Deutschlandfunk.