Die OGS-Messe in Hamm hatte in diesem Jahr zum ersten Mal nicht den Offenen Ganztag in der Grundschule im Blick, sondern den gebundenen Ganztag in der Sekundarstufe I und die Übermittagsbetreuung weiterführender Schulen mit verpflichtendem Nachmittagsunterricht, der mittlerweile zur Regel geworden ist. 50 % der Hauptschulen in Nordrhein-Westfalen arbeiten mittlerweile im Ganztag, Realschulen und Gymnasium ziehen nach.
Bernt-Michael Breuksch, Gruppenleiter im Jugendministerium, machte deutlich, dass der Anteil der Jugendhilfe in der Sekundarstufe I bei weitem nicht so groß ist, wie in der Grundschule, dies sei auch nicht beabsichtigt, bei aller gewünschten Vernetzung. Für den weiteren Ausbau zu Ganztagsschulen fehlten zudem Mittel, z..B. für eine angepasste Ausstattung von Schulen.
Reinhard Aldejohann, Abteilungsleiter im Schulministerium, stellte es als unproblematisch dar, dass Kinder und Jugendliche bei zunehmender Einbindung in den schulischen Ganztag auch noch außerschulischen Aktivitäten – wie Sport oder Musik – nachgingen. Dies sehe man in anderen Bundesländern, wo Schüler z.T. sogar bis 18 Uhr in den Ganztagsunterricht eingebunden seien.
Die engen Zeitfenster – sei es im Rahmen des Ganztags oder danach in den Abendstunden oder an den Wochenenden – sind für außerschulische Kooperationspartner und Freiberufler allerdings sehr wohl ein Problem. Ihr mache die Arbeit an vier Schulen an vier Tagen in der Woche sehr viel Spaß, erklärte eine Landschaftsarchitektin, aber zur Existenzsicherung seien solche Arbeitsverhältnisse nicht geeignet, sie seien zudem zeitlich nur schwer mit weiteren beruflichen Tätigkeiten vereinbar. Ein Problem, dass auch Musikschulen und freiberufliche Musikpädagogen betrifft.
Bei Schülern scheint die Stimmung zwischen „Raub der Freizeit“ und „Gewinn in der Freizeit durch sinnvolle Angebote“ zu schwanken. Ein SV-Berater plädierte für eine größere Mitbestimmung durch Schülerinnen und Schüler, damit der Ganztag besser angenommen werde. Ausgehend vom Peer-Prinzip hat das SV Bildungswerk eine Strategie entwickelt, damit Schülerinnen und Schüler Verantwortung für die Gestaltung ihrer Schule übernehmen, so dass Partizipation im Schulalltag umgesetzt werden kann.
Unter den 57 Messe-Ausstellern waren auch der Landesmusikrat, der Landesverband der Musikschulen und der Deutsche Tonkünstlerverband mit einem eigenen Stand vertreten. Vorgestellt wurde dort u.a. ein gelungenes Kooperationsprojekt der Musikschule Leichlingen mit einer Hauptschule. Auf der Bühne der Alfred-Fischer-Halle präsentierten Schülerinnen und Schüler einer 6. Klasse der Geistschule aus Münster, wie in Kooperation von Schule und Musikschule Klassenmusizieren nicht mit Geigen oder Blasinstrumenten, sondern mit Gitarren, Schlagzeug, Keyboards und Gesang funktioniert: „First Class Rock“ heißt dieses Projekt, das der Musiklehrer Peter Dingerdissen mit viel jugendlichem Elan leitete. Die Musik sei hier auch ein Weg, um den Hauptschülern Selbstvertrauen zu vermitteln, eine Sache nicht aufzugeben, sondern weiterzumachen, „dranzubleiben“. Denn anders als die Gymnasiasten erhalten sie von ihren Eltern zu Hause nur wenig Unterstützung – sei es beim Üben, sei es, dass die Eltern zu Abschlussaufführungen kommen; die „Sportschau“ zu sehen, ist da häufig wichtiger.
hs
Foto oben: Stand von Landesmusikrat, Landesverband der Musikschulen und Deutschem Tonkünstlerverband am 15.04.10 auf der OGS-Messe in Hamm
Foto unten: Sechstklässler der Geistschule in Münster mit ihrem Projekt "First Class Rock", Ltg. Peter Dingerdissen, am 15.04.10 in der Alfred-Fischer-Halle in Hamm
Fotos: LMR NRW