Vom 15. bis zum 18. Juni richtete der Landesmusikrat NRW wieder seinen Workshop „remix regendered“ in der Rheinischen Fachhochschule Köln aus. Jedes Jahr gibt es einen Basis-Workshop und einen für fortgeschrittene Popelektronikerinnen. Am „langen“ Wochenende schlug wieder die Stunde der Avancierten und die Dozentinnen Maya Sternel und Angelika Lepper zeigten sich beeindruckt vom fachlichen Niveau, auf dem die Teilnehmerinnen ihre Fragen stellten und ihre Experimente vorantrieben. Sternel und Lepper unterrichteten Musiktheorie des Remixes, neue Produktionstechniken basierend auf der Software Ableton Live und wichtige Elemente des Aufführens im Club. Nicht nur Letzteres erforderte eine Präsentation der Arbeitsergebnisse im Club „Gewölbe“ in Köln-Ehrenfeld.
In der Konzerteinführung stellte Angelika Lepper den Arbeitseinsatz der Teilnehmerinnen heraus. Sie haben die vier Tage bis zum späten Abend durchgearbeitet, bis manche „fast vom Stuhl fielen“, wie Lepper und Sternel anerkannten. Besonderer Dank galt der Rheinischen Fachhochschule und dem Lehrstuhlinhaber für Kommunikationsdesign Prof. Dr. Dieter Schütz, die dem Workshop fabelhafte Rahmenbedingungen geboten haben, aber auch dem Club „Gewölbe“ und seiner Technikerin und Organisatorin Ilka Geyer, die die Konzertvorbereitung nach Kräften unterstützte. Immerhin, so Lepper, sei „das Gewölbe der genialste Club in NRW“.
Das musikalische Material kam wieder vom Berliner Independent-Label Monika Enterprise, das am 16. Juni seine neue Doppel-LP „Monika Werkstatt“ herausbrachte, für die etliche Künstlerinnen des Labels Titel in einer Werkstatt erarbeitet hatten. Barbara Morgenstern, die den Titel „Grow“ beisteuerte, stellte ihre Tracks dem Workshop vorab als Basismaterial zur Verfügung. Ihr Original arbeitet mit Geräuschen, die an Industriemaschinen erinnern, mit einem trockenen, schlichten Groove sowie darüber liegenden Klangschichtungen. Es gibt Vocals als meditative Einsprengsel über einem schreitenden Bass – das Ganze funktioniert geradezu ideal als Material und Anregung für Remixes.
Dozentin Angelika Lepper formte daraus ein verspieltes Kaleidoskop von pointelistischen Klängen. Sie verzichtet weitgehend auf einen Groove und scheint rhythmisch zu schweben. Ihr Remix eröffnete den Konzertabend. Die Ergebnisse der elf Workshopteilnehmerinnen zeigten wieder eine große stilistische Spannweite an Auseinandersetzungen: Da war etwa eine vertrackte Rhythmusstudie mit minimaler Klangvielfalt, ein Remix, der die suggestiven Vokaleinsätze ausweitete und mit neuen vokalen Elementen kombinierte, dann ein anderer, der vom Gegeneinandersetzen bewusst unschöner Klänge geprägt war. Ihm folgend eine spannende und konsequente Verdichtung von sich stets wiederholenden Figuren, die jäh in eine auflösende Coda münden. Schließlich ein jazzhafter Remix mit großen Live-Improvisationsanteilen, die Anna Naue an Midikeyboard und Laptop zugleich ausführte.
Die Clubgäste nahmen großen Anteil, swingten, tanzten, pfiffen oder versenkten entrückte Blicke in die großen Trichterlautsprecher. Ein Workshop-Konzert wie ein Schaufenster zur Lust an der Kreativität. Organisatorin war Hedwig Otten, technische Unterstützung leistete neben Ilka Geyer auch Sebastian Schütz. Sonia Güttler unterstützte bei Workshop und Konzert. Die Veranstaltung des Landesmusikrats NRW wurde aus Mitteln des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW finanziert.
rvz
Fotos: Workshop-Teilnehmerinnen mit Sonia Güttler (Female Pressure) im Gewölbe; Anna Naue im Gewölbe, Teilnehmerinnen mit Dozentin Maya Sternel, Performance von Tracy, 17. Juni 2017, Fotos: LMR NRW.