Der Hauptbahnhof Essen wurde zur Bühne: Am 31. August schwirrte ein Dutzend schwarz gekleideter Schlagzeuger klatschend durch den Bahnhof. SPLASH, das Jugendperkussions-Ensemble, spielte Steve Reichs „Clapping Music“ Rolltreppen herauf- und herunterfahrend und die Einkaufszone durchkreuzend. Vor dem Südeingang rhythmisierten die Musiker mit der „Music for Pieces of Wood“ den Passantenverkehr zwischen U-Bahn-Abgang und Bahnhof.
Anlass dieser Auftritte war der Stop des Sonderzuges „Sounding D“ auf dem Essener Gleis 22. Der Zug fährt Tag für Tag die 15 Netzwerke für Neue Musik in Deutschland ab, die sich auf Initiative der Bundeskulturstiftung hin gebildet haben. In den Wagen des Sonderzugs können Besucher die Route auf einer Soundmap verfolgen, sie halten in einem mit Nebel gefüllten Wagen umhüllt von ruhigen Klängen Akustischer Kunst inne oder vernehmen in einem anderen Wagen über ihre Ellbogen und Handflächen idyllische Klangwogen aus der Ferne.
Neben SPLASH bespielten auch Studenten der Folkwang Hochschule den Bahnhof. Ein Bläserquintett postierte sich wie ein Herold am Südeingang und empfing die Reisenden mit Klängen von Gabrieli bis Peter Swan. Studierende der Folkwang Hochschule und Schüler der Folkwang Musikschule brachten sodann Günter Steinkes Komposition „Was Ihr Wollt“ zur Uraufführung - ein Werk, das speziell auf den Bahnhof hin konzipiert ist. Steinkes Interpreten standen im gesamten Durchgangsbereich des Gebäudes verteilt zwischen Anzeigetafeln, Schaufenstern und Schildern postiert. Fasziniert schritten viele Passanten zwischen den Klanggruppen hindurch, andere pressten mit gequältem Gesichtsausdruck das Handy enger ans Ohr. Auch Solowerke prägten den Bahnhof neu, etwa „Basta“ von Folke Rabe und „Postcards“ von Anthony Plog, gespielt von den Posaunisten Jan Philipp Walter und Shigetoshi Ampo.
Zu Fuß zogen die Musiker dann zum RWE-Pavillon der Philharmonie Essen und luden zum Abendkonzert: SPLASH stellte neue Kompositionen in deutscher Erstaufführung vor, Gerhard Stäblers „S.P.L.A.S.H“ und Silvia Ocougnes „Curto Circuito“. Den Beginn des Programms bot „not yet near Day“ des Ensemble-Leiters Stephan Froleyks. Mit ihm zusammen hatte Ralf Holtschneider für die Einstudierung gesorgt.
Nach SPLASH konzertierten Sanne van Hek, Trompete, mit dem Ensemble folkwang modern unter Leitung von Eva Fodor und Günter Steinke sowie das live-electronic.music.duo tryek mit Kerim Karaoglu und Johannes Schmidt am Laptop.
Der Pavillon war bemerkenswert gut besucht, enthusiastischer Applaus belohnte Interpreten, Komponisten und vor allem die Organisatorin der Essener Netzwerk-Aktion Lesley Olson.
SPLASH ist ein Ensemble des Landesmusikrates NRW in Kooperation mit der musikFabrik und wird vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW gefördert. Die Veranstaltung der Plattform Neue Musik Ruhr erfolgt im Rahmen von "Entdeckungen" im Netzwerk Neue Musik und wird von der Bundeskulturstiftung gefördert.
rvz
Fotos:
Renate Liesmann-Baum (Kuratorium Netzwerk Neue Musik), Lesley Olson (Organisatorin der Veranstaltung, Gesellschaft für Neue Musik Ruhr), Katharina Strein und Babette Nierenz (Philharmonie Essen, Netzwerk Neue Musik Essen)
Lesley Olson spielt Günter Steinkes "Was Ihr Wollt" im Bahnhof.
Juliane Geisler, Clemens Fieguth und Sebastian Gokus von SPLASH vor dem Südeingang.
Katharina Strein hört per Ellbogen im Sonderzug.
Die Soundmap von Robin Minard im Sonderzug.
Fotos: LMR NRW