An die hundert Aktive aus Kulturleben und Musikwirtschaft kamen am 24. Februar 2012 in der Kulturwerkstatt Paderborn zusammen, um über Potenziale und Vernetzungsmöglichkeiten der Popmusikszenen in Ostwestfalen-Lippe und über Probleme von Musikerinnen und Musikern zu sprechen. "Die Szene in OWL muss sich auch als Szene begreifen, um das Potenzial an kreativwirtschaftlichen Kooperationen zu wecken," forderte Christoph Schreckenberg vom Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes in seinem Impulsreferat zu Beginn der Tagung.
Der Gütersloher Beigeordnete Andreas Kimpel, einer der Initiatoren des Netzwerks "Create.Music OWL", sah die Augenhöhe zwischen Pop und den anderen Kultursparten immer noch nicht hergestellt und mahnte seine kommunalen Kollegen, dies in ihre Handlungskonzepte einzubeziehen. In seiner Vision werden die kommunalen Landschaften künftig mehr und mehr von kreativen Milieus geprägt werden. Der Popmusik müsse darin eine besondere Rolle zukommen. Den Wert der "Nische" zur Geltung zu bringen - so Kimpel, bestärkt von den Mitstreitern auf dem Podium Ernst Meihöfer, Henning Rümenapp, Fedor Waldschmidt, Olaf Menne und Christoph Jacke -, gelte einerseits für die Kultur innerhalb der Themen der Kommunalpolitik, andererseits für die Popmusik innerhalb der Kultur- und Kreativwirtschaft.
Gerade in Ostwestfalen-Lippe haben sich Musikangebote, die man vielleicht als Nische ansehen könnte, dessenungeachtet wirkungsvoll in der Musikwirtschaft etabliert. Doch groß ist nach wie vor der Beratungsbedarf bei den Musikern in Hinsicht von Professionalisierung ihrer Auftritte, Kommunikation, Marketing und Distribution ihrer Musik. Da erwies es sich als ein nützliches und gut nachgefragtes Angebot der Tagung, individuelle Beratungsgespräche bei Fachleuten für Musikerinnen und Musiker anzubieten.
Beate Remus aus Köln vermittelte Techniken der Kommunikation mit der Musikindustrie, Marc Höper von der GEMA-Bezirksdirektion Dortmund brachte Licht in das Dickicht der GEMA-Tarife, Frank Kühl (VUT NRW) und Raimund Franken (RMC Medien) informierten über ein Planungstool für Musiker und Verlage und Rechtsantwalt Stephan Benn beriet bei Rechtsfragen der Musikproduktion und -verwertung - selbst Fragen zu urheberrechtlichen Problemen bei der Synchronisation von Filmen wurden an ihn herangetragen.
Vier Foren wagten mit Diskussionsrunden den übergreifenden Blick: "Wie leben Musiker heute" (Johnny Stecker, Frank Kühl, Carsten Nolte, Bernhard Wöstheinrich, Dominik Junker, Alex Amsterdam) war die Frage, die wohl am lebhaftesten verfolgt wurde. Denn in einer Zeit, in der auf dem Altar angeblicher Freiheit im Internet die letzten Reste der rechtlichen Absicherung musikalischer Urheber zur Disposition gestellt werden, werden die Popmusiker auf die Einnahmen des wechselhaften Live-Geschäfts zurückgeworfen, von denen die wenigsten werden leben können.
Das Forum "Dezentrale Proberaumkonzepte" (Ernst Meihöfer, Geoffrey Vasseur u.a.) sprach sich für eine kulturwirtschaftliche Initiative und Förderung von Proberaumbauten in der Fläche aus, "Musikmachen und Musikausbildung" (Michael Ritter, Michael Teilkemeier, Ulrich Lettermann) erkundete Defizite in der Bildungslandschaft zwischen Popakademie Mannheim, Musikhochschule Enschede und den Popstudiengängen an Hochschulen in NRW, und das Forum "Netzwerke in OWL und anderswo" (Lars Schulz, Tom Kummerfeldt, Benedikt Hensdiek, Heike Herold, Stephan Benn und Robert v. Zahn) umriss bestehende Auftritts- und Fördernetzwerke sowie eine Initiative des Landesmusikrats NRW übergreifend zu vernetzen. Konzerte und Workshops rundeten das Programm des Tages zu einem kleinen Festival ab, darunter ein Bandworkshop von Jost Nickel in Kooperation mit dem Festival Drums'n'Percussion Paderborn.
Tagung und Festival "Create.Music Live" wurden von Judith Krafczyk organisiert. Sie entstand aus dem von Ernst Meihöfer, Andreas Kimpel, Meinolf Jansing u.a. initiierten Netwerk "Create.Music OWL" heraus, das die Städte Bielefeld, Detmold, Gütersloh, Herford, Minden und Paderborn zusammen mit dem Kultursekretariat Gütersloh errichtet haben.
Die Tagung wurde vom Referat Regionale Kulturpolitik des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW, dem Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes und dem Unternehmen Sound Linear gefördert. Kooperationspartner waren die gastgebende Kulturwerkstatt, der Studiengang Populäre Musik und Medien der Universität Paderborn, der Verein Drums'n'Percussion Paderborn und das Kulturamt Paderborn. Es ist beabsichtigt, die Tagung in zweijähriger Folge auszurichten.
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Foto: Henning Rümenapp (Initiative Musik), Olaf Meme, Agentur Lautstrom Paderborn, Fedor Waldschmidt (Magazin Wildwechsel), Ernst Meihöfer (Geschäftsführer Kultur Herford gGmbH), Moderator Moses W., Andreas Kimpel (Beigeordneter für Kultur Gütersloh), Christoph Jacke (Universität Paderborn) und Christoph Schreckenberg (Kompentenzzentrum Kultur-und Kreativwirtschaft des Bundes) am 25. Februar 2012 in der Kulturwerkstatt Paderborn. Foto: LMR NRW.