Das Düsseldorfer Landtagspräsidium und der Kulturrat NRW luden am 10. Dezember zu einer Tagung ins Landtagsgebäude ein. In der parlamentarischen Begegnung äußerten Vertreter der Kulturszenen Erwartungen an das in Vorbereitung befindliche Kulturfördergesetz, das SPD und Grüne auf den Weg gebracht haben. In den Mittelpunkt rückte aber auch die Absicht der Landesregierung, den Kulturhaushalt 2013 um insgesamt 16 Mio. Euro zu kürzen. Beide Absichten scheinen in einem paradoxen Bezug zu einer zu stehen. Gleichwohl betonten sowohl Landtagsvizepräsident Oliver Keymis (Bündnis 90/ Die Grünen) als auch Kulturministerin Ute Schäfer in ihren Begrüßungsworten, dass sich beides nicht ausschließen muss, während der Kulturratsvorsitzende Gerhart Baum auf den Erosionsprozess in der Kulturförderung und das Problem der gekürzten Projektmittel verwies.
Oliver Keymis sieht im Kulturfördergesetz zuvorderst eine Ausgestaltung des Artikels 18 der Landesverfassung; es könne Grundlinien der Kulturförderung in NRW festlegen und zudem den Kommunen einen neuen Handlungsspielraum eröffnen. Ute Schäfer erläuterte die Kürzungsabsicht, die unter dem Druck der Schuldenbremse geschehe. Sie stellte die Kürzungen im Einzelnen dar und rechnete vor, dass die meisten Eingriffe entweder ursprünglich geplante Zuwächse oder Bereiche wie die Förderung von neuen Bauten oder Ankaufetats treffen würde, die man auch einmal für ein Jahr aussetzen könne. Lediglich die Kürzung von drei Mio. Euro beträfe Kernbereiche der Kulturförderung und zwar die Theater- und die Musikförderung. Gerhart Baum rügte besonders die überproportionale Kürzung des Kulturhaushalts unter den fünf Abteilungen des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW. Von dem Spardruck von 25 Mio. Euro auf dieses Haus müsse die Kulturabteilung die Hälfte tragen – das könne nicht hingenommen werden.
In sechs Themenforen formulierten Referenten und diskutierende Tagungsbesucher Erwartungen und Befürchtungen gegenüber dem Kulturfördergesetz. In mehreren Foren forderten Teilnehmer, dass die Perspektive der Künstlerinnen und Künstler bei der Kulturpolitik zu wenig im Blick sei. Zu oft gehe es um institutionelle Absicherungen und nicht um die Akteure in den freien Kunstszenen. Kulturabteilungsleiter Peter Landmann hielt dem entgegen, wie groß die Effekte für die Künstlerinnen und Künstler auch bei der Förderung der Kulturinstitutionen seien.
Einige Diskutanten skizzierten die Gefahr, dass das Festschreiben des bislang bestehenden Kulturbegriffs und der bisherigen Förderlinien die Möglichkeit, neue Kulturformen zu entwickeln, aus den Förderfeldern ausschließen würde. Dem trat schon Ministerin Ute Schäfer in ihrer Eröffnungsrede und dann Peter Landmann in seinen Diskussionsbeiträgen mit einigen Einblicken in den geplanten Gesetzestext entgegen, der sich derzeit im Stadium des sogenannten Referentenentwurfs für das Kabinett befindet und noch nicht öffentlich zugänglich ist.
Die zu fördernden Kultursparten sollen im Gesetz nicht mit Anspruch auf Vollständigkeit genannt werden. Als Schwerpunkt sollen lediglich die Kulturelle Bildung und das Kulturelle Erbe und dann die Kulturbereiche in offener Form genannt werden. Auch werde es keine finanziellen Festlegungen in irgendeiner Form geben. Wohl solle dem Kulturfördergesetz einmal pro Legislaturperiode ein Kulturförderplan und ein Kulturförderbericht zur Seite gestellt werden, in dem mittelfristige Vorhaben konkreter referiert werden könnten.
Wie schon in den vorangegangenen fünf Regionalkonferenzen des Kulturministeriums in den Gebieten der Bezirksregierungen und in den zwei Tagungen in Berlin und in Hamm der beiden Kultursekretariate, die auch diese Parlamentarische Begegnung als Kooperationspartner unterstützten, galt der Situation der Kommunen großes Interesse. Sie tragen über 80 % des öffentlich finanzierten Kulturlebens und erleben im Zuge der Schuldenkrise eine ständige Verengung des Handlungsspielraums.
Dass das Kulturfördergesetz hier einen Handlungsspielraum auch im Falle der Überschuldung definieren soll, gilt als sicher, wie auch Andreas Bialas betonte. Als Kulturpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion ist er zusammen mit Oliver Keymis einer der Hauptvorantreiber des Gesetzes. Verschiedene Formen von Handlungsspielräumen sind denkbar und werden offenbar von der Kulturabteilung des Ministeriums intensiv geprüft. Doch auch die Abschlussdiskussion mit Sprechern der Landtagsfraktionen konnte noch keine Lösung aufzeigen, wie dieser „Korridor“ zu finden ist. Moderator Michael Köhler konnte immerhin feststellen, dass die Probleme der Kommunen von den politischen Akteuren auf Landesebene erkannt sind.
Die Ergebnisse der Tagung sollen, so konnte Reinhard Knoll vom Vorstand des Kulturrats ankündigen, durch einen Juristen in eine Form gebracht werden, die den weiteren Diskussionsprozess auf dem Weg zu einem Kulturfördergesetz begleiten kann. Prof. Dr. Rolf Schwartmann, Leiter der Kölner Forschungsstelle Medienrecht an der Fachhochschule Köln, wird dies im Auftrag des Kulturrats formulieren. Man darf gespannt sein.
rvz
Foto (v.l.n.r.): Reinhard Knoll, Gerhart Baum (beide Vorstand Kulturrat NRW), Kulturabteilungsleiter Peter Landmann, Ministerin Ute Schäfer und Landtagsvizepräsident Oliver Keymis am 10. Dezember 2012 im Düsseldorfer Landtag. Foto: Susann Fern.