Es war der erste Besuch der Kulturministerin in der Landesmusikakademie und Ute Schäfer nutzte den Abstecher nicht nur zu einer Rede an die Tagungsgäste, sondern auch zur eigenen Orientierung über die Verhältnisse und Möglichkeiten der Akademie. Die Akademie bezeichnete sie in ihrer Ansprache als „Juwel“, als den Ort für die musikalische Bildung und Weiterbildung in NRW – gehe es nun um Laienmusiker, um Musikpädagogen jeder Art wie auch um die Qualifizierung von Quereinsteigern in das Schulfach Musik.
Das Publikum der Tagung von Akademie, Landesmusikrat, WDR3 und Sparda-Bank West war fachlich hochkarätig aus dem ganzen Land zusammengekommen und hörte gerne, was die Ministerin über die schulische und außerschulische Bildung zu sagen hatte. Nicht alle im Koalitionsvertrag genannten Vorhaben konnten im ersten halben Jahr schon umgesetzt werden, wie Ute Schäfer selbst einräumte.
Der Kulturrucksack bleibt für die Öffentlichkeit noch unbestimmt. Aus dem Haushaltsansatz von drei Mill. Euro für 2011 sollen, wie Ministerin Schäfer andeutete, vor allem niedrigschwellige Zugänge zu kulturellen Angeboten der Kommunen finanziert werden. Die Vorstellung des inhaltlichen Konzepts kündigte sie für Herbst 2011 an. Mit dem Programm „Jedem Kind ein Instrument“ soll es im Ruhrgebiet weitergehen, konzeptionell geweitert um Singen, Bewegung und Tanz. Das Land ist darauf vorbereitet, ab dem Sommer den Rückzug der Bundeskulturstiftung und der Zukunftsstiftung der GLS finanziell zu kompensieren. Doch die Ausdehnung auf ganz NRW, die die Vorgängerregierung noch konzeptionell konkret ausarbeiten ließ, stellt, so Ute Schäfer, zu viele Fragen an die Finanzierung.
Auf 40 bis 50 Mill. Euro jährlich schätzte ihr Abteilungsleiter Peter Landmann bei der nachfolgenden Podiumsdiskussion die Kosten dieser Ausdehnung und diese Mittel seien aktuell nicht vorhanden. Der Vorsitzende des Landesverbands der Musikschulen, Volker Gerland, setzte hier gleichwohl nach: Wären 30 oder 40 Millionen für die Ausweitung auf das ganze Land NRW nicht eine gute Investition in die Zukunft, in Bildung, und möglicherweise doch aufbringbar? Peter Landmann erläuterte des Weiteren: „Jedem Kind ein Instrument“ ist ein anspruchsvolles und schwieriges Projekt. Bis heute wirkt sich aus, dass die vorherige Landesregierung es ohne ein ins Einzelne gehendes Konzept gestartet hat. Politisch war es nach damaliger Einschätzung nicht anders durchsetzbar, doch geriet das Programm dadurch in viele eigentlich vermeidbare Schwierigkeiten.
Die anwesenden Vertreter von Verbänden musikalischer Bildung, die beim Start des Programms nicht zugezogen worden waren, hörten diese Aussage mit einer gewissen Genugtuung, auch die Ergänzung, dass der Landesrechnungshof zumal diesen Fehler moniert habe. Dr. Michael Köhler (WDR3) moderierte die Diskussion, die unter dem Titel „Kulturelle Bildung – Weichenstellung der Landesregierung“ stand und zu der neben Landmann auch Ralph Fleischhauer (Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW), Prof. Michael Schmoll (ChorVerband NRW), Volker Gerland und Prof. Dr. Markus Brenk (Hochschule für Musik Detmold) beitrugen.
Der Podiumsdiskussion folgten Praxisbeispiele aus Musikschule, Laienmusik und „Jedem Kind ein Instrument“: Das Projekt „Saitenspiel XXL“ der Musikschule Hilden und der Theodor-Heuss-Schule Hilden, die Musikklasse des Musikvereins Birgden sowie der Grundschule „Schule der Begegnung“ Birgden und das „Ensemble Kunterbunt“ der Harkort-Gundschule Dortmund zeigten den Tagungsbesuchern, wie das zusammengehen und klingen kann, was unter so vielen Blickwinkeln auf dem Podium betrachtet worden war.
Ein Musikpädagogisches Forum widmete sich den „Musikalischen Bildungszielen in der Grundschule“. Seitens der Stiftung „Jedem Kind ein Instrument“ referierten Projektleiter Manfred Grunenberg und seitens des Verbands Deutscher Schulmusiker NRW der Vorsitzende Dr. Walter Lindenbaum die Bildungsziele des Programms und die Grundzüge des Curriculums für die Grundschule.
Auf die Bildungsziele von „Jedem Kind ein Instrument“ haben die Fachleute lange gewartet. Nach langer Vorbereitung hatte sie Manfred Grunenberg für die Heeker Tagung eigens zusammengestellt und zu einer Power-Point-Präsentation systematisiert. Zu einer Aussprache hierüber kam es nicht, denn Moderator Prof. Klaus Peter Domnick von der Folkwang Universität der Künste Essen schlug angesichts der großen Verschiedenheit der beiden Ziel-Kataloge vor, lieber über Grundsätzliches zu sprechen: Warum gibt es kein Gesamtkonzept zur musikalischen Bildung in NRW? Warum setzen sich die verschiedenen Bildungsträger nicht zusammen und erarbeiten ein Konzept? Sein Plädoyer gipfelte in der Aufforderung: „Sperrt die Richtigen drei Tage in Heek ein und ihr habt eine Vision!“
Wie geht es mit den Kindern weiter, die „Jedem Kind ein Instrument“ durchlernt haben, nach vier Jahren die Grundschule verlassen und neue Musikangebote suchen? Und was ist dafür nötig, dass diese sinnvolle Angebote erhalten? Dieser Frage gingen drei Arbeitskreise nach, die sich nach den Aspekten der Schulmusik, der Musikschulen und der Laienmusik sortierten. Uta Hussong, Andreas Genschel und Michael Schmoll leiteten sie, Markus Brenk moderierte anschließend die Blicke in die Zukunft, die trotz aller Bedenken bezüglich von Detail-Entwicklungen einen optimistischen Zug hatten. Reinhard Knoll verabschiedete die kaum geschmolzene Hörerschaft und dankte den Kooperationspartnern und Förderern.
Die Tagung der Landesmusikakademie NRW in Kooperation mit dem Landesmusikrat NRW, dem WDR 3 Kulturradio und der Sparda-Bank West am 25. März 2011 wurde vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW und der Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank West gefördert.
rvz .
Die Podiumsdiskussion sendet WDR3 als "Kulturpolitisches Forum" am Sonntag, den 3. April 2011, um 19.05 Uhr. Informationen zur Sendung finden Sie unter <link http: www.wdr3.de forum details artikel schulische-und-ausserschulische-musikalische-bildung.html>www.wdr3.de/forum/details/artikel/schulische-und-ausserschulische-musikalische-bildung.html
Eine ausführliche Dokumentation der Tagung wird folgen.
<link fileadmin user_upload lmr-nrw.de downloads musikalische_bildung bericht_tagung_heek_250311.pdf external-link-new-window>Bericht über die Tagung der Landesmusikakademie NRW am 25. März 20011 (PDF-Datei, 159 KB)
Foto: Kinder des "Ensembles Kunterbunt" der Harkort-Gundschule Dortmund (oben) und Kinder der Musikklasse des Musikvereins Birgden sowie der Grundschule „Schule der Begegnung“ Birgden (unten) am 25. März 2011 in der Landesmusikakademie NRW. Fotos: LMR NRW.