Wer glaubt, bei einem Songwriter-Workshop in einem Kaleidoskop von Gitarrenklängen, gesungenen Worten und elektronischen Klangfetzen zu sitzen, wurde in Münster enttäuscht. Große Teile des Singer/Songwriter-Workshops im Jugendzentrum JIB verlaufen in Stille, während die Teilnehmer an ihren Texten arbeiten. Ein Wochenende lang können junge Songwriter im Workshop des Landesmusikrats NRW und der Initiative muensterbandnetz.de an Texten arbeiten und das Erreichte ständig ausprobieren und verfeinern. Der Text steht mehr im Fokus als die Musik.
Einmal stellt Teilnehmer Alex Bachmann eine Gitarren-Introduktion an, die er produziert hat. Sie läuft als Loop, damit es nicht gar so ruhig ist. Beeinflusst das die Teilnehmer nicht beim Ersinnen der Songtexte? Nein, so unabhängig sind wir schon, meint Dozent Hendrik Otremba von der Gruppe „Messer“. Gemeinsam mit dem Songwriter Sebastian Witte leitet er die Teilnehmer im Erfinden der Vorlagen an. Sie entwickeln einen gemeinsamen Text, der von der Realität allmählich in eine Traumwelt führt. Acht Strophen konzipieren sie und teilen sie unter sich zur Ausgestaltung auf. Da sie das Versmaß vorher festlegen, passen die Bausteine beim ersten Zusammensetzen rhythmisch sogar ganz gut zusammen.
Eine wichtige Frage ist zu klären: Reimschema oder nicht? „Wo fühlt ihr euch wohler drin?“, fragt Otremba. Einige plädieren für eine Loslösung von Schemata, um mehr Entfaltungsmöglichkeit zu haben, ein anderer schätzt den Halt, den Reime bei der Strukturierung eines Textes bieten. Sie einigen sich auf den Vorschlag Otrembas: Die ersten Strophen, die der Realität zugeordnet sind, werden gereimt, die späteren, die der Traumwelt gelten, hingegen nicht.
Viele Stellen müssen noch geglättet, teils auch im Wortmaterial verändert werden. Dann trägt Alex Bachmann die ersten Strophen mit eigener Melodie und Gitarrenbegleitung vor, worauf die musikalische Ausarbeitung von allen noch variiert und profiliert wird. Bis Sonntag entstehen Song-Ideen, -Texte und Vertonungsansätze, die immer neuen Diskussionen unterworfen werden und dabei Ballast abwerfen. Eine Werkstatt mehr des Worts als des Klangs.
Die Veranstaltung des Landesmusikrats NRW wurde ausgerichtet von muensterbandnetz.de und stand in Verbindung mit popNRW und create music! Der Workshop wurde gefördert vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW.
rvz
Fotos: Textentwicklung von Alex Bachmann, Ionao Schmidt, Hendrik Otremba und Sebastian Witte im JIB Münster; Die Song-Entwicklung am Board; Fotos: LMR NRW.
