Ein Konzert der Reihe "Tripclubbing" führte am 13. November Freunde der Neuen Musik und solche des Remix in den Kölner Stadtgarten. Die KölnMusik hatte das Studio Musikfabrik, Jugendensemble des Landesmusikrats, eingeladen, einige Werke aus dem Repertoire der 19 Musiker einem Remix-Künstler anzuvertrauen. Nicolette Schäfer (KölnMusik) erläuterte das Prinzip der Konzertreihe zwischen Avantgarde und Clubmusik einem großen und jungen Publikum, das teils saß, teils stand.
Rings um die Sitzreihen herum sind fünf Glockenständer mit je fünf Glocken aufgebaut. Fünf Perkussionisten des Ensembles spielen den 1. und später im Programm auch den 3. Satz von Jo Kondos "Under The Umbrella" von 1976. Bedeutet der Kopfsatz ein trockenes Zirkulieren von Patterns und ein Überkreuzen rhythmischer Linien, führt der dritte Satz in weiche Klangwelten: Nahezu kontinuierlich halten sich die Schläge ans Metrum, formen Dreiklänge, um sie zu demontieren, entstehen aus dem Nichts und verklingen wieder. Mit Präzision und Inbrunst zelebriert das Quintett unter Leitung von Peter Veale die Skalenspiele.
14 Musiker bieten dann das "Ritual Fragment" von Harrison Birtwistle (1989), ein Stück, welches das Jugendensemble schon länger im Programm hat und welches es gerne in wechselnder Besetzung interpretiert. Ein Musiker des Ensembles nach dem anderen wird zum Solisten, tritt aus der Reihe heraus, um ein Solo zu intonieren, das oft nicht einmal zwei Takte währt, worauf schon die nächste Musikerin einfällt. Das Kommen und Gehen der Solisten wirkt choreographiert und erzeugt ein Bild ständiger Bewegung, das mit den musikalischen Bildern interagiert.
Nach den ersten beiden Stücken schlägt die Stunde von Georg Conrad, einem DJ und Elektronikkünstler, der hier und am Schluss des Programms je einen Remix vorstellt. Sein erster nimmt Bezug vor allem auf Jo Kondo, aber auch auf andere Melodiefetzen aus dem Programm. Irrlichternd montiert scheinen sich die Klänge um sich selbst zu drehen, um dann durch einen Groove geerdet zu werden. Die Atmosphäre von Clubtänzern entsteht. Der Bass bleibt in der Dynamik verhalten, tupft trocken statt im Magen zu resonieren. Conrad legt größeren Wert auf die Verarbeitung der Pattern.
In der Tradition europäischer Kammermusik kommt Rebecca Saunders' "Into The Blue" daher, interpretiert von sechs Spielern des Ensembles. Behende werfen sie sich ihre melodischen Fragmente zu, ziehen sich in Stille zurück, um Instrument für Instrument zu neuem Klangleben zu erwachen. Anders Toru Takemitsus "Rain Tree" von 1981: Skalen von drei Mallets trudeln durch den Stadtgarten, bilden rhythmische Wirbel und stürzen Wasserfälle herunter. Auch hier zeigt sich das Jugendensemble souverän und rhythmisch exakt. Georg Conrad zehrt nur zu gerne im abschließenden Remix von den Klangfeuerwerken vor allem der Marimbaphone. Der Groove pocht deutlicher und fordernder, doch der lange Schluss des Remix besteht nur aus einem Inandergleiten der Klänge.
Ein gelungenes Konzertformat mit hervorragenden Interpretationen - lange applaudiert das Publikum, doch getanzt hat keiner.
Studio Musikfabrik wird vom Ensemble Musikfabrik und dem Landesmusikrat NRW getragen, es wird von der Kulturstiftung des Bundes und dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW gefördert. Veranstalter des Konzerts war die KölnMusik GmbH.
rvz
Fotos 1+2: Musiker des Studios Musikfabrik spielen Rebecca Saunders' "Into The Blue" im Kölner Stadtgarten (Probenfotos); Foto3: Peter Veale dirigiert fünf im Raum verteilte Perkussionisten mit Jo Kondo's "Under The Umbrella"; Foto 4: Juliane Höttges, Betreuerin der KölnMusik für Tripclubbing, und Leonie Höttges, Betreuerin der Musikfabrik für das Jugendensemble, an der Bar des Stadtgarten. Fotos: LMR NRW.