Am 8. Juli endete der erste Zertifikatslehrgang für Baglama-Lehrer von Landesmusikakademie NRW, Hochschule für Musik und Tanz Köln und Partnern. 19 Teilnehmer erhielten in einer Fest- und Konzertstunde ihre Urkunden und sind damit nun qualifiziert, in öffentlichen Musikschulen Baglama zu unterrichten.
"Der Lehrgang war überfällig," sagte Hans Neuhoff, Leiter des Instituts für Weltmusik an der Kölner Hochschule, "die Integration der türkischen Kultur in den hiesigen Institutionen hat bei weitem noch nicht so stattgefunden, wie das wünschenswert wäre." Immerhin zählen die Türken zu den beiden größten eingewanderten Bevölkerungsgruppen in NRW. Die berufsbegleitende Ausbildung habe hier Defizite. Ein türkischer Baglamaspieler konnte seine Kompetenzen kaum in die Angebote hiesiger Einrichtungen einbringen. Deshalb hat sich die Kölner Hochschule sehr gerne an diesem Lehrgang beteiligt, so Neuhoff. Die Hochschule werde sich auch weiterhin dieser Aufgabe widmen, auch künstlerische Studiengänge für Weltmusik schaffen sowie die Schulmusik für die Baglama öffnen.
Neuhoff lobte besonders die Stabilität der Teilnehmergruppe, die zudem offensichtlich von der Sensibilität der Baglama sehr geprägt sei. Und er dankte Antje Valentin, Leiterin der Landesmusikakademie, als unermüdlichem Motor des Lehrgangs.
Die Teilnehmer bildeten ein 19köpfiges Baglama-Ensemble, das unter der Leitung von Koray Berat Sarı einen Tanz aus der Osttürkei und ein Lied aus der Ägäis vortrug. Beide Melodien hatte Sarı als mehrstimmige Sätze arrangiert. Die Mehrstimmigkeit zog sich als roter Faden durch den Lehrgang, wie Antje Valentin betonte. Sie erinnerte an musikalisch berührende Erlebnisse im Laufe des Lehrgangs, so an die Uraufführung der Vertonung eines Gedichts von Paul Celan für Singstimme und Baglama.
Der Zertifikatslehrgang entstand zum Einen dadurch, dass das Programm „Jedem Kind ein Instrument“ 2006 die Baglama in den Kanon der Instrumente im Programm einführte und kompetente Lehrer suchte. Zum Anderen hatte zuvor schon das Programm „Baglama für alle“, welches das NRW Kultursekretariat zusammen mit dem Landesverband der Musikschulen in NRW durchführte, den Boden an öffentlichen Musikschulen bereitet. Ein Baglama-Kongress in der Landesmusikakademie entwickelte 2014 Leitlinien, die in den Zertifikatslehrgang Eingang fanden und die inhaltlichen Schwerpunkte umrissen: In den verschiedenen Unterrichtseinheiten orientierten Rudi Sodemann über das öffentliche Musikschulwesen, Henner Diederich über Arrangementtechniken, Hans Neuhoff über Kulturen der Weltmusik, Enver Yalçın Özdiker über Theorie und Musiklehre, Koray Berat Sarı über Ensemblespiel und Arrangement sowie Kemal Dinç über Baglama-Ensemble-Arbeit. Claudia Meyer, Angelika Sheridan und Carmen Heß lehrten Musikpädagogik.
Der Zertifikatslehrgang ist Teil einer aktuellen Fülle von Projekten und Programmen, mit denen seit einigen Jahren der Landesmusikrat NRW, der Landesverband der Musikschulen, die Landesmusikakademie, die beiden Kultursekretariate, die Kölner Musikhochschule und weitere Partner die Einwandererkulturen in NRW mit dem traditionellen Musikleben des Landes stärker verbinden. Die Programme „Brückenklang“ von Landesmusikrat und Partnern und „MüzikNRW“ der Musikschulen bilden dabei Eckpfeiler. Reinhard Knoll, Präsident des Landesmusikrats und Vorsitzender der Landesmusikakademie, gab einen Überblick über die Projektallianz, bevor er mit Vertretern der kooperierenden Träger und Dozenten die Urkunden überreichte.
Möglich gemacht wurde das Ganze durch Förderung des Kulturministeriums (Referat Interkulturelle Kunst und Kultur), der Richard Karl Dörken Stiftung, der Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda Bank West und der Fördergesellschaft der Landesmusikakademie. Allen Förderern dankte Antje Valentin nachdrücklich.
rvz
Fotos: Koray Berat Sarı, Hasret Tiraz, Enver Yalçın Özdiker, Antje Valentin und Reinhard Knoll bei der Urkundenübergabe am 8. Juli 2016 in der Kölner Musikhochschule; Improvisation von Kemal Dinç und Koray Berat Sarı; Baglama-Ensemble unter Leitung von Koray Berat Sarı; Foto: LMR NRW