Im Rahmen einer Preisverleihungszeremonie wurde am Sonntag, 13. Oktober, in Köln dem Psychologen Ahmad Mansour der „Menschenrechtspreis 2019 der Gerhart und Renate Baum-Stiftung“ verliehen. In Anwesenheit u.a. der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, der NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen und des stellvertretenden NRW-Landtagspräsidenten Oliver Keymis hielt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet eine überwiegend frei formulierte, sehr engagierte Laudatio auf den Preisträger, der, von Geburt arabischer Israeli, selbst auf Radikalisierungserfahrungen zurückblickt.
Preisstifter Gerhart Baum, Innenminister a.D., war sehr deutlich in seiner Warnung: Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik sei eine Situation so gefährlich gewesen wie heute. Populistische und menschenfeindliche Tendenzen und die unübersehbare Bedrohung der Freiheit – ausgehend von Einschränkungen der Kunstfreiheit – sprächen eine klare Sprache. Einigkeit herrschte hinsichtlich der Dringlichkeit schnellen, entschiedenen, geschlossenen und dabei behutsamen Agierens insbesondere der Zivilgesellschaft im Ringen um Menschenwürde und den Erhalt der Demokratie.
In seinem Dank verwies Ahmad Mansour, der mittlerweile als deutscher Staatsangehöriger in Berlin lebt, nachdrücklich auf sein Team und seine Frau und Partnerin – er mache das alles durchaus nicht alleine. Identitätsverlustängste seien Motor und Schlüssel für Radikalisierung, das Internet fungiere als Brandbeschleuniger. Als Gegenmittel bedürfe es der Extremismusprävention, welche vor allem individuell, d.h. im persönlichen Kontakt und auf Augenhöhe erfolgversprechend sei, nicht aber in Form pauschaler Belehrung. In der Unmündigkeit, die sich aus der Abgabe persönlicher Verantwortung an Autoritäten bei gleichzeitigem Bedürfnis nach Halt und Orientierung ergebe, liege das ganz konkrete Risiko einer Radikalisierung begründet.
Im Gespräch mit dem Chefkorrespondenten des Kölner Stadt-Anzeigers Joachim Frank benannte Mansour in entspanntem Ton, aber in der Sache sehr entschieden, welch ungeheure Herausforderung es für die Gesellschaft bedeute, sich den wachsenden Radikalisierungstendenzen von verschiedenen Seiten entgegenzustellen. Dabei müsse man sich nicht zuletzt von vertrauten Schwarz-Weiß-Vorstellungen und dichotomen Beschreibungsmustern verabschieden. Dem Preisträger zufolge geht es um nicht weniger als unsere Zukunft. „Wir müssen Wege finden miteinander zu leben.“ Darin war er sich einig mit dem Laudator und den Preisstiftern.
Die rund 200 Gäste im Schauspiel Köln / Spielstätte Offenbachplatz erlebten eine kluge, wichtige und teilweise mitreißende Veranstaltung, die – darauf wies Gerhart Baum hin – vor allem in der Verantwortung von Renate Liesmann-Baum lag. So ist es auch ihr zu verdanken, dass einige der berührendsten Momente des Vormittags musikalische Momente waren. Die Langenfelder Band „5000 Miles“, bestehend aus einheimischen und geflüchteten Musikerinnen und Musikern aus dem Iran, Syrien, Afghanistan, der Ukraine, den Niederlanden und Deutschland, trug unter Leitung von Susanne Wagner Lieder aus den Heimatländern der geflüchteten Musikerinnen und Musiker vor. Gesungen wurden die Lieder in Farsi, Kurdisch und Arabisch. Kaum jemanden dürfte es kalt gelassen haben, als zwei der Musiker sich als Kurden aus Nordsyrien in akuter Sorge um ihre Familien vorstellten.
Womit eines von zwei den Tag beherrschenden Themen sehr unmittelbar seinen Weg auf die Bühne gefunden hatte. Das andere – antisemitischer Terror von rechts – bestimmte die Beiträge und Gespräche auf und hinter der Bühne. Es wäre der überaus beeindruckenden Veranstaltung zu wünschen gewesen, dass sie diese tagesaktuelle Drastik nicht hätte erleben müssen. Gleichwohl tat es gut zu erfahren, dass man angesichts des menschenfeindlichen Wahnsinns in der Welt Ruhe und Haltung bewahren und Dinge tun kann.
(Matthias Hornschuh)
Das Bandprojekt „5000 Miles“ wird gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen über den Landesmusikrat NRW im Rahmen des Förderprogramms "Musikprojekte mit Flüchtlingen". Zusätzlich wird die Band im Rahmen einer Auftrittsförderung für ambitionierte Nachwuchsbands unterstützt. Ziel ist es, die Band an etablierte Bühnen und ausgewählte Veranstalter zu vermitteln. Dort sollen sie Erfahrungen auf verschiedenen Bühnen sammeln und einem breiteren Publikum präsentiert werden.
Fotos: Die Langenfelder Band „5000 Miles“ mit Preisträger Ahmad Mansour bei der Verleihung der „Menschenrechtspreis 2019 der Gerhart und Renate Baum-Stiftung“ am 13.10.2019 im Schauspiel Köln / Spielstätte Offenbachplatz; NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hält die Laudatio; Gerhart Baum, Ahmad Mansour, Renate Liesmann-Baum, Armin Laschet ; Musikalische Umrahmung durch „5000 Miles“.
Fotos: Landesmusikrat NRW