„Ich finde es immer schön, wenn sich ein Dirigent aus den Dingen zurückzieht, aus denen er sich zurückziehen kann“, meint Stephan Schulze und mahnt zu Vertrauen in die Band. In diesem Falle ist es die von ihm geleitete Bigband der Musikhochschule Osnabrück, welche zum Probeklangkörper für Kursteilnehmer wird, die als Bandleader arbeiten möchten. „If you could see me now“, singt eine fiktive Sängerin zur Bigband-Begleitung. Die Dirigenten müssen die Schlusstakte der Band so gestalten, dass dem Vokalpart kadenzierender Raum bleibt. Das sollte eigentlich ohne Einsatz einer echten Sängerin funktionieren können, doch Stephan Schulze übernimmt kurzerhand die Stimme.
Von 4. bis zum 6. Juni trafen Interessierte an der Leitung von Bigbands in Heek-Nienborg zusammen. Sie befassten sich mit Fragen zur Besetzung, des Arrangements, des Repertoires bis hin zu handwerklichen Dirigieranforderungen. Der Kurs der Landesmusikakademie richtete sich an Bigband-Musiker aus Schule, Musikschule und Verein. Die Teilnehmer brachten Partituren mit und konnten nun mit der Hochschul-Bigband eigene Probleme durchgehen.
Das nächste Stück wird aufgelegt. Zählt man vier vor? Nein, wenn es vorher abgesprochen wurde, kann man den Einsatz auch direkt geben, meint Schulze. Wichtig ist es, mit den führenden Musikern Blickkontakt herzustellen, bevor es losgeht. Das ist in diesem Falle der Schlagzeuger. Eine Samba, eine „Balvanera“ mit Taktwechseln und Groove-Wechseln erklingt. Den ersten Durchlauf dirigiert Schulze selbst. Die Kursteilnehmer markieren die kritischen Stellen in ihren Partituren. Die Viertel laufen das ganze Stück eigentlich im selben Tempo durch, doch mit den Groove-Wechseln passieren der Band Temposchwankungen. Da müssen die Teilnehmer ran, die Wechselstellen proben. Man kann pars pro toto vorgehen, empfiehlt Schultze, nicht immer alles durchgehen. Die Transferleistungen der Band sorgen dann für ansprechende Gesamtresultate trotz Probenökonomie.
Ungemein ergiebig ist diese Arbeit. Die Routine und Lernfähigkeit der Osnabrücker Musiker dürften nur mit Abstrichen auf die Verhältnisse der Bands vor Ort zu übertragen sein, doch die Teilnehmer (und eine Teilnehmerin) am Kurs für Bigband-Leitung nutzen die Chance, sie experimentieren, gehen problematische Stellen mal so, mal so an und nehmen beste Anregungen mit.
rvz
Foto: Die Bigband der Musikhochschule Osnabrück, Stephan Schulze am Klavier und Kursteilnehmer am 6. Juni 2015 in der Landesmusikakademie NRW; Foto: LMR NRW.