Es war eine brillante Keynote, mit der Stefan Herwig das Publikum am 21. Juni im Kölnischen Kunstverein auf die Frage einstimmte, wie die Musikwirtschaft an ihrem Image feilen könnte. Lange Zeit galt es als zweckdienlich, wenn die Plattenfirmen nicht auf ein eigenes Image hinarbeiteten, sondern hinter das Image ihrer Stars traten, ihre Stars aufbauten und von deren Glanz mit profitierten. Heute funktioniert dieses Prinzip immer weniger, zumal bei den mittelständischen Unternehmen. Deshalb fragte Moderator Matthias Hornschuh (Komponist, GEMA-Mitglied und Stellvertretendes Präsidiumsmitglied im Landesmusikrat NRW) die Panel-Runde: „Warum sind wir so leise?
Ursula Goebel von der Öffentlichkeitsarbeit der GEMA forderte eine neue Wertedebatte, was Musiknutzung und Musikproduktion angeht. Die Künstlerinnen und Künstler seien auf diese angewiesen. Während Artur Schocks Firma Audiolith Records an einer 360-Grad-Vermarktung der Musiker arbeitet, stellte Goebel fest, dass fast 70 % der GEMA-Mitglieder niemals auf einer Bühne stünden, von daher die Möglichkeit der Rundum-Vermarktung beschränkt und die Lizensierungen daher existenziell wichtig seien. Und sie wies daraufhin, dass sich Kommunikation in den vergangenen Jahren intensiv verändert habe, partizipativer geworden sei, was die Branche berücksichtigen müsse. Jana Behr (communicative consulting) kritisierte, dass sich die Majors der Musikindustrie zu sehr auf das Abmahnen verlege und nicht am Image gearbeitet hätten.
Artur Schock von Audiolith Labels hielt dem entgegen, dass das Geschäft der Majors derzeit wieder so gut liefe, dass diese wenig Notwendigkeit sähen, aktiv am Image nach außen zu arbeiten. Dennoch, so Behr, bräuchten die komplexen Vorgänge in der Musikbranche eine Darstellung nach außen hin. Stefan Herwig kommentierte, dass ein wirksames Image immer eine Reduktion vornehme: Wir müssen lernen, zu reduzieren und nicht alle Komplexität nach außen zu kehren.
Resignierend bekannte der Journalist Lars Sobiraj, dass journalistische Berichte, die versuchten, die Komplexität der Musikbranche objektiv darzustellen, kaum gelesen würden. Er selbst hat sich im Laufe seiner Recherchen von einem einseitigen Bekenner zur „Netzfreiheit“ hin zu einer neutralen Position entwickelt. In diesem Sinne überlegte auch Ursula Goebel, dass die GEMA sich stärker hinter die Künstlerinnen und Künstler stellen müsse – in dem Sinn, dass sie dahinter verschwinde und die Künstlerinnen und Künstler glaubwürdig ihre Interessen vertreten könnten und müssten. Wozu Stefan Herwig anmerkte, dass nach seiner Wahrnehmung die GEMA nach außen eher wie eine Behörde kommuniziere. Gleichwohl, so Goebel, müsse ein Enpowerment der GEMA-Mitglieder erfolgen.
Moderator Matthias Hornschuh zog aus diesen Thesen den Schluss, dass „wir den Arsch hoch kriegen müssen“. Teilhabe und Demokratie seien halt Arbeit und die müsse von den Musikern auch geleistet werden. Dem pflichteten die Diskutanten durchweg zu, wobei Artur Schock relativierte, dass er keine Lust mehr habe, sich für das, was er tue, ständig zu rechtfertigen.
Die Veranstaltung im Rahmen der c/o Pop (c'n'b) wurde präsentiert von WeCab.info.
rvz
Foto: Jana Behr, Stefan Herwig, Ursula Goebel, Matthias Hornschuh, Artur Schock und Lars Sobiraj am 21. Juni 2013 im Kölnischen Kunstverein. Foto: LMR NRW.