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„Wie weiter nach Corona?“ – Appell der Konferenz der Landesmusikräte

In einer Tagung vom 17. und 18. Februar haben die 16 Landesmusikräte in Deutschland den folgenden Appell zur Zeit nach Corona verabschiedet: Die Corona-Pandemie hat unser Leben aus dem Tritt gebracht. Bewährte Strukturen der Musikkultur in den Ländern bröckeln, weil Eindämmungsvorschriften die Musikausübenden wie ihr Publikum gleichermaßen ausbremsen.

Die Wissenschaft hat getan, was ihre Aufgabe ist: Sie hat fundiert Daten erhoben und darauf basierend Vorschläge erarbeitet, wie mit dem Virus umzugehen ist. Sie hat die Gesellschaft dabei mit Verstand und Vernunft bedient. Die Forschung fand Spritzen und Pillen gegen das Virus. Politiker setzen entsprechende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung um. Wir - die Landesmusikräte – haben dafür zu sorgen, dass die Vielfalt von Musik mitten in der Gesellschaft stattfindet. Ohne Musik wird es still! Dabei besinnen wir uns auf unsere ursprüngliche Aufgabe: Musik machen, Musik hören, Musik erleben und damit Empfindungen wecken, reflektieren, anregen. Die positiven Auswirkungen des Umgangs mit Klang für die eigene Kreativität und für den Zusammenhalt der Gesellschaft werden vielfach beschrieben. Neben Wissenschaft, Forschung und Politik kommt somit der Musik als Kunstsparte eine grundsätzliche und dringend notwendige Aufgabe in der Nach-Corona-Zeit  zu.

Als Konferenz der Landesmusikräte sehen wir uns in der Pflicht, Vorschläge zu erarbeiten, wie es mit Musik nach Corona weitergehen kann.

Unsere Empfehlungen:

  • Nach 2 Jahren unregelmäßigem oder ausgefallenem Musikunterricht brauchen wir quantitativ und qualitativ ausreichenden Musikunterricht in der Schule für alle. Keine Unterscheidung mehr zwischen „Kern“- und „Rand“-Fächern! Ansonsten droht ein musikalischer Generationsbruch, Verlust an kultureller Vielfalt in der Gesellschaft sowie in persönlichen Entwicklungen.
  • Musik in Kita, Schule, in Arbeitsgemeinschaften und in den Musikschulen braucht einen Neustart. Coronabedingt nicht singen zu dürfen, in Schulen nicht mit außerschulischen Profis gemeinsam Musik machen zu können und auf Ensembleunterricht in der Musikschule verzichten zu müssen führte langfristig zu Defiziten. Der Weiterentwicklung und dem Neuaufbau von instrumentalen Kinder- und Jugendensembles sowie Chören ist dabei besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Talentfindung muss generell neu beginnen, auch um die Zukunft der Musikberufe zu sichern
  • Professionelle Musiker brauchen auch nach Corona noch Hilfsprogramme der Kultur-Ressorts, weil der Veranstaltungsbetrieb nicht sofort anlaufen kann. Für Soloselbständige ist die dauerhafte sozialversicherungspflichtige Absicherung notwendig. Für Berufseinsteiger, die nach Ausbildungsabschluss coronabedingt keine Anstellung in einem Kulturbetrieb erhalten konnten, sind besondere Förderprogramme zu entwickeln.
  • Ensembles der vokalen und instrumentalen Amateurmusik – aufgenommen in das Bundes-Verzeichnis „Immaterielles Kulturerbe“ – sind zu schützen und zu fördern. Gerade nach Corona ist das Erleben der Musik-Gemeinschaft für die psychische Stabilität des Menschen von enormer Bedeutung. Die ehrenamtliche Tätigkeit der Amateurensembles und Chöre für den Zusammenhalt der Gesellschaft kann nicht hoch genug geschätzt werden. Dazu brauchen sie Strukturhilfen – Probenraummieten, Honorare für Chor- und Ensembleleiter, Verwaltungskosten.
  • Musikalische Weiterbildung hat neue Prioritäten zu setzen: Coaching, um neu starten zu können, neu Probenzeiten zu planen, Nachwuchs zu gewinnen, nach Aufführungspausen das Lampenfieber zu bewältigen. Musikkultur kann nicht nahtlos fortsetzen, wo sie vor 2 Jahren aufgehört hat.

Fazit

Um in der Nach-Corona-Zeit das Musikleben als emotionale Komponente für gesellschaftliches Miteinander wieder in Gang bringen zu können, müssen wir von uns selbst, von allen Musikschaffenden, einen tatsächlichen Neustart nach Corona einfordern. Wir müssen bereit sein, die geforderten Programme zu entwickeln und umzusetzen. Dafür brauchen wir Strukturhilfen anstelle von partiellen Projektgeldern. Wir sind gerne bereit, an der Ausarbeitung entsprechender strategischer Konzepte mitzuwirken.
Wir sind überzeugt: es braucht eine große Kreativität, Reflexion und auch Zeit, um den Neustart zu bewältigen. Nur dann können wir den Menschen auch wieder das Gefühl der Zuversicht, Sicherheit und Geborgenheit vermitteln, zu dem die Musik als sinnlich erlebbare Hörkunst fähig ist.   
Kultur ist Ländersache - die Mitglieder der Landesmusikräte stellen sich den nun auf sie zukommenden Aufgaben zum Wohl der Zivilgesellschaft, um diese und damit uns alle auf lange Sicht vor irreversiblen gesundheitlichen Schäden, aber auch vor Demokratie- und Werteverlusten zu bewahren.